Liebe Esther,
ich freue mich zunächst sehr über dein Vorhaben, den Verein durch finanzielle Mittel fördern zu wollen.
Wir haben deinen Gedankenansatz, bezüglich einer Vereinsmitgliedschaft auf Zeit, schon einmal vor gut vier Wochen wegen eines ähnlichen Gedankens eines anderen Anfragenden intern diskutiert.
Ohne zunächst für das Ein oder Andere zu tendieren, besteht die erste Hürde bereits darin, dass unsere derzeitige Satzung dies weder vorsieht noch hergibt. Unsere Satzung nennt einen Termin (30. September eines Kalenderjahres) zu dem die Kündigung der Vereinsmitgliedschaft erfolgen muss. Dies aus meiner Sicht mit berechtigten und sinnvollen Hintergrund.
Eine Vereinsmitgliedschaft beruht zudem auf gegenseitige Willenserklärung, also Antrag und Annahme. Ebenso ist es bei der Bekundung zum Vereinsaustritt, wobei sich die Annahme der Kündigung ausschließlich auf den fristgerechten und in der Satzung genannten Zeitpunkt beschränkt.
Eine Vereinsmitgliedschaft ist also ein Rechtsgeschäft!
Selbstverständlich kann man eine Satzung ändern und anpassen. Nächste Gelegenheit ergibt sich allerdings erst wieder am 16. September 2017 zur ordentlichen Mitgliederversammlung in Berlin.
Dort könnten dann stimmberechtige Vereinsmitglieder eine Satzungsänderung bzw. Anpassung durch Mehrheitsbeschluss beschließen. Daraus ergibt sich aber eigentlich ein Paradoxon. Warum sollte ein Mitglied die Weichen für einen Verein stellen, wenn es zeitnah, ohne Verbindlichkeit, gar kein Teil dieser Gemeinschaft mehr sein möchte.
Zudem stellt eine solche Satzungsänderung den Verein vor neue Probleme. Ein seriöser Haushaltsplan, der immer am Ende des Vorjahres für das Folgejahr geplant und erstellt wird, wäre so nur schwer möglich. Nun endet das Vereinsjahr ja mit dem Kalenderjahr, allerdings gehen Projekte und Vorhaben ja nicht selten über diese fiktive Zeit (Jahreswechsel) hinaus. Ein spätester erfolgter Kündigungswunsch zum 30. September eines Jahres ermöglicht Planungssicherheit, sowohl im finanziellen wie auch im personellen Bereich für das Folgejahr. Unser Verein finanziert sich zu über 80% aus Mitgliedsbeiträgen.
Größere Vereine können eine natürliche Fluktuation natürlich deutlich einfacher wegstecken und ausgleichen. Wir sind aber mit unseren knapp 40 Mitgliedern weit von diesen Möglichkeiten entfernt.
Der Zweck allein trägt einen Verein nicht. Sport beispielsweise kann ich im Studio oder im Verein treiben. Aber im Sportstudio bin ich ausschließlich Nutzer, und meine Beziehung reduziert sich auf eine Geschäftsbeziehung = Zahlung gegen Leistung. Und diejenigen, die dafür arbeiten die Leistung bereit zu stellen, werden dafür mit Geld entlohnt.
Für einen Verein ist dies problematisch, wenn Mitglieder meinen, sie könnten im Verein genauso verfahren, ihre Beziehung zum Verein auf Bezahlung gegen Leistung reduzieren.
Ebenso problematisch wird es, wenn Vereine meinen, sie müssten da mitmachen, da sie sonst diese Mitglieder verlieren würden oder keine neuen gewinnen.
Von der Struktur her ist ein Verein eine sich selbst organisierende Gemeinschaft. Angefangen von der Gründung des Vereins, die nur durch mehrere erfolgen kann, bis zur Festlegung von Zweck und Satzung. Im Ursprung besteht der Verein aus gleichberechtigten Mitgliedern, bis, ja bis, zur Wahl des Vorstandes. Vielfach gewinnt man den Eindruck, dass die Mitglieder meinen, mit der Wahl des Vorstandes hätten sie jetzt genug geleistet, und der Vorstand möchte sich jetzt bitte um die Befriedigung ihrer Bedürfnisse kümmern.
Je mehr ein Verein sich in seiner Arbeitsweise von der sich selbst organisierenden Gemeinschaft entfernt, desto weniger funktioniert er, und die Zufriedenheit der Mitglieder sinkt. Diesen Gedanken sollten wir bei allen weiteren Überlegungen im Hinterkopf behalten.
Für mich hat dies alles auch ein etwas mit Wertschätzung zu tun. Ein ehrenamtlicher Vorstand, ergänzt mit einigen sehr engagierten Mitglieder, kommt im Laufe des Jahres auf mehrere hundert Stunden persönlichen und unentgeltlichen Engagements.
Diese Menschen tun dies, um ein gemeinnütziges Angebot zu schaffen und zu erhalten. Wie vor diesem Hintergrund eine völlig unverbindliche Vereinsmitgliedschaft passt, erschließt sich mir nicht.
Gerade durch den Kontakt hier im Forum, entstehen doch mitunter tiefgründige Verbindungen bis hin zu Freundschaften. Wie passt da ein wortloses Gehen?
Der Wunsch wortlos von dannen ziehen zu können, hat mit einer sozialen Gemeinschaft (diese ist nun einmal ein Verein) aus meiner Sicht nun wirklich wenig gemein. Ein Kündigungsschreiben, vielleicht gepaart mit ein paar persönlichen Worten, sollte doch das Mindeste sein, was sich Menschen die sich extrem für andere engagieren verdient haben sollten. Liege ich hier so daneben?
In diesem Fall stehen ja Möglichkeiten wie die Spende zur Verfügung.
Ein Verein und somit auch eine Vereinsmitgliedschaft hat etwas mit einer gemeinsamen Idee und der Verfolgung eines gemeinsamen Ziels zu tun.
Wie sich dann jeder Einzelne einbringen will oder kann ist noch einmal eine andere Diskussion.
Liebe Grüße
Matti