Liebe Laura,
tja, wie geht die Familie damit um?
Ich bin eigentlich eine Powerfrau und von Natur aus optimistisch.
Dann wurde es ja vor jetzt gut 14 Jahren das erste Mal notwendig, dass ich mich wegen einer unklaren Diagnose ( hätte eine bösartige Umbildung der GEbärmutter sein können, war es dann aber zum Glück nicht ) operieren lassen musste, die Gebärmutter musste raus.
Dabei kam es dann zum Supergau- der Arzt hat beide Harnleiter zerstört und es nicht gemerkt. Durch ganz viel Glück ( ja Johannes, auch ich glaube an Schutzengel, sonst wär ich nicht mehr hier!! Und ich hatte sogar gleich zwei an dem Tag, eine aufmerksame Mitpatientin und eine diensthabende Ärztin , die meinen Chirurgen von mir weggehalten und für meine Verlegung in eine Fachklinik gesorgt hat!) bin ich am nächsten Tag einen ganzen Tag operiert und weitgehend wieder hergestellt worden.
Das war eine Riesenoperation, während der ich sogar wiederbelebt werden musste, weil mein Kreislauf in die Knie gegangen ist, ich hatte massive innere Blutungen gehabt , beide Nieren extrem gestaut.
Mein Mann und meine Mutter - mein "Dream-Team" !!!!!- haben den ganzen Tag im Wartebereich vor dem OP verbracht - es muss die Hölle für sie gewesen sein. Mein Schatz meinte hinterher, er weiß genau, wieviele Löcher die Metallsitze im Wartebereich haben er hat sie mehrfach gezählt. Auch nach der OP auf der Intensivstation waren sie bei mir, haben mir die Hände und Füße warm gerieben...
Da ich zum Glück ein zäher Knochen bin und wirklich gesund werden wollte, habe ich schon nach zwei Wochen das Krankenhaus verlassen können - um dann festzustellen, dass ich NICHTS mehr konnte!! Ich, die Powerfrau, musste mir helfen lassen!!!! Hölle für mich.
Erst eine Anschlussheilbehandlung hat mich dann wieder einigermaßen auf die Beine gebracht - ich hatte auch mal eben im Krankenhaus innerhalb zwei Wochen gut 10 Kilo abgenommen.
Es hat noch lange gedauert, bis ich fast die Alte war. Ich habe aber psychisch einen Knacks bekommen - so konnte ich keinen Krankenwagen mit Blaulicht ertragen, ich fing aus dem Stand an zu weinen und zittern! Ich habe zum Glück eine tolle Therapeutin gefunden die mir geholfen hat - und meine beste Therapie war, dass ich mich mit Hilfe meiner Familie entschlossen hatte, den Arzt, der mir das angetan hatte, zu verklagen.
All das konnte ich nur mit der lieben Hilfe meines Mannes und meiner Mutter schaffen.
Mein Mann ist seitdem allerdings oft überfürsorglich, und das nervt mich dann auch schnell!! So hat er lange Zeit immer " ganz unauffällig " gefühlt, ob meine Hände auch warm sind.... er konnte nicht vergessen, wie kalt ich nach der OP war!
Schlimm wurde es aber erst für mich - und so natürlich auch für die Familie - als ich dann vor vier Jahren wieder unters Messer musste, wieder Krebsverdacht, diesmal ein Eierstock.
Ich hatte eine Höllenangst, dass wieder was schiefgehen könnte. Mein Mann nicht minder!
Und obwohl es wahrscheinlicher ist, dass man im Lotto gewinnt, habe ich tatsächlich trotz gründlicher Aufklärung des Arztes ( natürlich ein anderer als beim ersten Mal, der erste darf seit dem Prozess nicht mehr operieren) über meine Vorgeschichte hat er es geschafft, wieder einen Harnleiter zu verschmoren.
Dieses Mal war mein Leidensweg - und der der Familie - aber viel länger und härter.
Ich habe .....hmmm..... erst mal überlegen .... in Folge dieser OP bis heute ungefähr 12 Operationen gehabt und noch etliche Krankenhausaufenthalte wegen akuter Infekte, dazu zweimal eine MRSA-Infektion und einmal ESBL, also Quaratäne.
Ich war bis vor kurzem wieder in therapeutischer Behandlung, musste lange Psychopharmaka einnehmen , bin aber jetzt davon weg.
Mein Mann hat so unter der ganzen Sache gelitten, dass er eine ganze Zeit von unserer tollen Hausärztin krankgeschrieben wurde, wir beide haben eine Reha machen können, getrennt natürlich , weil wir einfach wegen der gehäuften Schicksalsschläge fertig waren.
Ich bin sicher oft nicht einfach zu ertragen gewesen in der schlimmen Zeit, aber ich habe das große Glück, dass mein Mann immer für mich da war und ist. Ich muss ihn im Gegenteil in seiner Fürsorge bremsen - siehe meinen Post ( Ano, ich kann das nicht verlinken!!) , in dem ich beschreibe, wie sich die Krankheit auf das Sexuallleben auswirkt...
Normal ist noch anders - heißt, immer noch ist die Angst da, vor allem bei meinem Mann, dass ich wieder krank werden könnte. So unbeschwert wie früher ist unser Leben noch nicht. Ich WILL ABER. Und deshalb bin ich oft anstrengend und höre nicht auf meinen Körper. Was dann wieder eine Belastung für meinen Mann ist!!!
Aber es wird besser. Ich bin ein Stehauf"weibchen" und wild entschlossen, noch viele schöne Jahre mit meinem Mann zusammen zu erleben.
Meine liebe Mutter lebt inzwischen nicht mehr, ich bin sicher, dass die ganzen Sorgen, die sie sich leider um mich machen musste, eine große Belastung für sie waren. Sie hat mich immer sehr unterstützt, nur habe ich mich oft geschämt, dass ich als die jüngere mir von der älteren helfen lassen musste! Umgekehrt wäre für mich richtiger gewesen.
So, eigentlich habe ich heute höllische Kopfschmerzen und wollte gar nicht soviel schreiben - aber meine Krankheit und meine Familie - das ist ein Thema, das mich sehr berührt.
Oft schaue ich meinen Mann nur an und denke: was habe ich für ein Glück.
Ich habe ihm mal gesagt, dass es mir so leid tut, dass er mich an der Backe hat mit all den Wehwehchen und den Sorgen, die er sich macht. Da hat er gesagt, er hätte da mal vor ( kommenden Sonntag! 34 Jahren) irgendwas unterschrieben und angepackt ist gekauft!!!
Zum Glück haben wir es übergangslos geschafft, von albernen jungen Leuten zu einem lustigen älteren Paar zu werden - und wir lachen sehr viel über - und miteinander.
Liebe Grüße
Bernhardine