Liebe Ferin
Du stehst wahrlich nicht vor einer einfachen Entscheidung. Es ist auf alle Fälle wichtig, dass Du Deine Bedenken klärst. Wenn ich (aus der Ferne betrachtet) über Deine Situation nachdenke, würde ich die folgenden Fragen stellen:
- Lindert das Duloxetin die Inkontinenz nur oder wirkt das Medikament heilend, im Sinn, dass Du es nach einer gewissen Zeit absetzen kannst und dann vollständig kontinent bist. Ich vermute, dass es nur die Symptome lindert.
- Kannst Du es zuerst mit einer geringeren Dosis versuchen und schauen, wie Du auf das Medikament reagierst?
- Gibt es Alternativen, z.B. Toilettentraining eine andere Art von Physiotherapie, Ernährung,...
- Wieso ist bei Dir die Beckenbodengymnastik kontraproduktiv, wenn Du an Belastungsinkontinenz leidest? Ich würde erwarten, dass dann der eine Stärkung der Beckenbodenmuskulatur helfen sollte.
Meinem Verständnis nach verlierst Du ja relativ wenig Urin. Einerseits gibt dies Hoffnung, dass Du das Problem in den Griff kriegen kannst, andererseits würde ich mir die Frage stellen, ob es sich lohnt, ein Medikament mit Risiken einzunehmen um die Situation vielleicht etwas zu verbessern. Das ist ein sehr individueller Entscheid. Vielleicht hilft es Dir auch, die Situation etwas entspannter anzugehen, aber das ist natürlich leichter gesagt als getan. Ich kann von mir nicht behaupten, dass mich meine Inkontinenz nie belastet; es gibt durchaus Momente in welchen ich mit dem Schicksal hadere. Am meisten hilft mir Ablenkung, Ziele im Leben, Liebe und Freundschaften.
Betreffend Behandlung im Ausland glaube ich nicht, dass die Situation in Deutschland schlechter ist als anderswo (ich lebe in der Schweiz). Mein Eindruck ist vielmehr, dass wegen der Komplexität des Entleerungsprozesses (keine Ahnung weshalb die Evolution dies nicht besser hingekriegt hat...) die Diagnose im Fall von Inkontinenz oft sehr schwer und unpräzis ist. Ich bin kein Experte, merke aber aus eigener Erfahrung und aus den Berichten von Betroffenen hier, dass es oft nicht einfach ist, die Inkontinenz zu behandeln. Die Probleme können muskulärer, neurologischer aber auch psychischer Natur sein, so dass ein interdisziplinäre Arbeit mit zum Teil viel "Trial and error" benötigt wird. Das ist nicht immer einfach, sowohl für die Ärzte auch für die Patienten. Insofern machst Du meiner Meinung bereits einiges richtig, dass Du Dich informierst und nach verschiedenen Lösungen suchst.
Ich glaube nicht daran, dass ich meine Inkontinenz noch wegbringen kann, aber ich versuche aus der Situation das Beste zu machen und sicher zu stellen, dass meine Entleerungsstörungen sich nicht negativ auf meine Gesundheit auswirkt. Betreffend der Einnahme von Medikamenten war meine Erfahrung bis anhin, dass die Nebenwirkungen den Einsatz für mich nicht rechtfertigt haben (oder dann spürte ich gar nichts). Wie geschrieben, empfindet dies aber jede/r anders.
Alles Gute und herzliche Grüsse
Martin