Lieber Hatschi!
Ja, was es alles gibt. Also, das mit dem Selbstkathetern ist eigentlich ganz einfach. Es sind Einmalketheter, die bereits vorbeschichtet sind, man muss sie nur aus der Verpackung nehmen und durch die Harnröhre in die Blase schieben. Als Mann macht man das im Stehen. Penis, Eichel und Hände müssen sauber sein. Man kann davor mit einem Schleimhautdesinfektionsmittel die Eichel und den Eingang in die Harnröhre desinfizieren, z.B. mit Octinisept, aber ich mache das schon lange nicht mehr, achte nur auf Sauberkeit.
Dann hält man mit einer Hand den Penis nach oben, schiebt den Katheter so lange ein, bis man einen Widerstand spürt (am Beckenboden beim Schließmuskel), kippt dann den Penis hinunter, entweder eben stehend vor dem Klo oder in der Dusche (oder im Wald, wenn man gerade wandern ist), schiebt danach den Katheter so lange weiter, bis der Harn fließt. Beim Rausziehen langsam zurück, da fließt meist nach was nach, rausziehen, gebrauchten Katheter wieder in die Verpackung stecken, zusammenrollen (beim Hollister), entsorgen. Anfangs passiert es eventuell, dass der Urinstrahl plötzlich unerwartet kommt und man daneben sprizt, was soll's.
Die größte Hürde ist eigentlich die Stelle, wo es durch den Schließmuskel der Blase geht, da muss man maximal entspannen, aber das lernt man. Anfangs passierte es mir immer wieder, dass ich da nicht durchkam, dann hatte ich die Empfehlung, aufhören, Katheter verwerfen und nach einer Viertelstunde und ein paar Atemübungen nochmals mit neuem Katheter probieren. Man lernt es aber relativ schnell und heute brauche ich am Klo exakt so lange wie meine Frau (diese ohne Kathetern), inklusive vorher spontan urinieren, danach auskethetern, Katheter entsorgen.
Ich mache das zumindest zweimal, in der Früh nicht gleich nach dem Aufstehen (da ist meine Blse sowieso noch tot) , sondern nach dem Frühstück, Klogang und Dusche und abends vor dem Schlafengehen. Zumeist auch Mittags vor dem Mittagessen, und wenn ich das Gefühl habe, dass meine Blase zu voll ist, auch mal zwischendurch. Wenn ich Stress habe und ich meine Blase nur schlecht entleeren kann (inzwischen weiß ich das ganz genau und kann es sehr gut einschätzen), dann katheter ich auch öfter, aber nie öfter als vielleicht fünfmal. Ich spüre meine Blase, je nach Situation so ab spätestens 300-400 ml Gesamtvolumen, muss dann auch nicht sofort aufs Klo, habe aber anfangs den Rat meiner Ärzte befolgt, nicht über 400 ml zu kommen und konnte immer so ca die Hälfte spontan entleeren.
Ich hatte anfangs Sngst vor der Nacht, weil ich nach dem Harnverhalt unglaublich große Mengen in der Nacht produzierte und das am vollen Säckchen bis zu 2 l gesehen hatte. Das hat sich aber eingependelt, ich habe aber auch mein Trinkvehalten radikal geändert, in der Früh und am Vormittag viel, gegen Abend weniger. Früher hatte ich untertags fast nichts getrunken und Abends viel, auch Bier und Wein, heute trinke ich kaum mehr Alkohol.
Was praktisch ist, vor einem Theaterbesuch etwa, katheter ich auch aus, da weiß ich dann, für die gesamte Vorstellung inkl. Pause ist dann Ruhe.
Anfangs habe ich immer mit einem Messbecher gemessen, wieviel spontan, wieviel Restharn, das mache ich schon lange nicht mehr, da ich es einerseits eh im Gefühl habe und auch sehe, wieviel noch drinnen war und auf der anderen Seite ist es mir auch wurscht geworden, ich habe das akzeptiert, dass es so ist und das ich das jetzt eben machen muss, so wie Zähneputzen. Das war das Schwierigste für mich, es zu akzeptieren.
Ich hatte unlängst eine dreiwöchige Reise in Andalusien, da hatte ich die entsprechende Anzahl Katheter (plus Reserve) mit und es war überhaupt kein Problem.
Im Gegenteil, wie ich vom SPK auf ISK umgestiegen bin, war es ein Gefühl von neuer Lebensfreiheit, von plötzlich wieder selbstbestimmtem Leben, unabhängig von diesem künstlichen Teil in mir, es war ein tolles, befreiendes Gefühl!
Alles Gute,
Johannes