Inkontinenz Forum

Erfahrungsaustausch ✓ | Interessenvertretung ✓ | Information ✓ | Beratung ✓ ► Austausch im Inkontinenz Forum.

Neueste Forenbeiträge

Mehr »

Login

Registrierung

Noch kein Benutzerkonto? Jetzt kostenfrei registrieren

(Die Freischaltung kann bis zu 36 Stunden dauern)

 

Indikation zur Verw. saugender IK-Hilfsmittel

23 Feb 2012 19:13 - 23 Feb 2012 19:16 #1 von MoonKid
Hallo,

meine Frage mag etwas merkwürdig anmuten, aber ich werde es im Anschluss erläutern.

Gibt es irgendwo eine Literatur-Quelle, Pflegestandards, Studien, etc, welche Indikationen zur Verwendung von saugenden Inkontinenzhilfsmitteln (IK-Hose, "Windeln") aufführt oder behandelt?

Ich schreibe zur Zeit an einer Hausarbeit und habe im Rahmen dessen die Behauptung aufgestellt, dass es keine Indikation gibt, einem alkoholisierten Jugendlichen im stationären Bereich (nicht Intensiv!) eine solche Hose/Windel anzuziehen. Das möchte ich natürlich auch empirisch untermauern.
Bisher konnte ich aber keine solche Quelle finden.

Natürlich gibt es zich Gründe, warum man das in dieser Situation nicht tut. Diese Gründe führe ich in der Arbeit auch auf. Meine Frage hier bezieht sich aber wirklich konkret auf eine pflegerische oder medizinische Indikation bzw. ob eine solche Auflistung überhaupt existiert.
Anhand einer solchen Indikationsliste könnte ich aufzeigen, dass dier besagte Patient gar nicht darunter fällt.

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

23 Feb 2012 19:42 - 23 Feb 2012 21:52 #2 von matti
Hallo,

die "Antwort" erhälst du, wenn du dir einmal die Begründung der Ärzte bzw. des Pflegepersonals anhörst und dabei den Zustand der Jugendlichen im folgenden Video mit einbeziehst, welche auch direkt die "Indikation" verdeutlicht.

MoonKid schrieb:

Natürlich gibt es zich Gründe, warum man das in dieser Situation nicht tut.

Natürlich würde mich deine Begründung schon einmal interessieren.



Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

23 Feb 2012 23:08 #3 von Sebald
Hallo,

ich bin mir sicher, dass sich im dritten Buch Mose unter den Reinheitsgesetzen (Lev 11,11-15,33) eine Bestimmung findet, die sich auf diesen Einsatz von Windeln beziehen läßt...

Im Ernst: Pflegestandards greifen hier nicht, weil es sich um Notfälle handelt, und womöglich wird es auch Eltern geben, die sich nachher überlegen, dass Krankenhaus zu verklagen, weil ihr Kind durch Windeln einer unnötigen psychischen Belastung ausgesetzt war.

Filme über das Komasaufen heben genau diese Komponente hervor, im Sinne von "das Peinlichste daran waren die Windeln" - aber letztlich ist das ein medial inszenierter Zeigefinger, und der hat mit einer situativ notwendigen Entscheidung nichts zu tun. Die Alternative wäre, einen Katheter zu legen, aber das ist ein Eingriff und schützt auch nicht das Bett vor Stuhlgang.

Kurzum: Ich bin auch sehr gespannt auf die Gründe dagegen...

Grüße!
Sebald
Folgende Benutzer bedankten sich: Horsty

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

24 Feb 2012 23:54 #4 von Struppi
Hallo,

ich sehe es ähnlich wie Sebald. Mal abgesehen von den bereits vorgebrachten guten Gründen für die Verwendung von saugenden Hilfsmitteln gibt es noch einen weiteren Grund. Alkohol wird von unserem Körper über Nieren und (vor allem) die Leber verstoffwechselt und ohne jetzt zu weit auszuholen (siehe ggf. Wikipedia) kann man kurz und knapp sagen: Alkohol wirkt sich massiv dämpfend auf das zentrale Nervensystem aus.

Diesen negativen weil u.a. sedierenden Effekt kennen zum Beispiel Menschen mit bestehender oder vergangener Enuresis. Nach Genuß von Alkohol tritt das Bettnässen verstärkt oder wieder auf.

Zudem hege ich vollstes Verständnis für das Pflegepersonal, welches mit den unangenehmen Auswirkungen des Alkoholabusus der Jugendlichen jedes Wochenende konfrontiert wird.

Gruß

Hannes
Folgende Benutzer bedankten sich: Horsty

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

25 Feb 2012 10:50 #5 von MoonKid
Somit lässt sich meine konkrete Frage wohl mit "Nein" beantworten. ;)

Auf den Hintergrund möchte ich in diesem Thread nicht mehr eingehen, das hab ich an anderer Stelle schon gemacht.

Nur soviel:
Ich bin selbst Kinderkrankenpfleger und habe oft mit diesen Patienten zu tun. Es ist meine Überzeugung und Bestandteil meiner Profession unabhängig von Ursache eines Zustands und Belastungsgrad eines Patienten seine Würde zu wahren.

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

25 Feb 2012 11:12 #6 von Sebald
Hallo,

sicher ein guter Ansatz! Zwei Anschlussfragen stellen sich mir aber:

- wie sieht es mit Deiner eigenen Belastung aus bzw. der von Kollegen? Es geht hier ja nicht um einmal, pardon, einpieseln, sondern - so meine Vorstellung - um erhebliche Blasen- und Darmentleerungen.

- und grundsätzlich unterstellt Dein Ansatz natürlich, dass alle, die Windeln ab einem gewissen Alter tragen, nun ja, tendenziell entwürdigt sind. Oder geht es da nur um das 'öffentliche' Anlegen? Ein Punkt, der in der Altenpflege oft diskutiert wird. (Im übrigen finde ich den Kotzeimer aus den Videos auch nicht gerade würdevoll, das nur nebenbei.)

Vielleicht magst Du Dich ja doch noch auf weitere Diskussion einlassen....

Grüße,
Sebald

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

25 Feb 2012 18:19 - 25 Feb 2012 18:21 #7 von matti
Es ist bestiimmt wesentlich würdevoller, wenn sich der Patient von oben bis unten einpisst oder einstuhlt um sich dann in seinen eigenen Ausscheidungen zu welgern.
Es ist auch bestimmt würdevoller, wenn Pflegepersonal nicht nur die Kotze des Jugendlichen wegwischen muss, sondern auch noch die Exkremente, die sich der Patient aufgrund seines Zustandes am ganzen Körper verschmiert hat.

Hmm, lecker!

Würde ist keine Einbahnstrasse. Apropos Einbahnstrasse. Du hast hier in diesem Forum um Unterstützung gefragt. Da wäre es wohl nur mehr als fair, dass du uns, die sich aus deiner Frage ergebenden Fragen, beantwortest und nicht ausschließlich an anderer Stelle antwortest. Dies hat zwar nichts mit Würde aber mit Nehmen und Geben zu tun.

Matti

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

26 Feb 2012 12:40 - 26 Feb 2012 12:42 #8 von MoonKid
Lieber Matti, Sebald und wer sonst mitliest,

ich muss mich entschuldigen und erklären: Meine Ablehnung gegenüber weiterführender Diskussion rührt aus Erfahrungen in anderen Foren (insbesondere pflegespezifische) her. Die dort jeweils entstandenen Flamewars wollte ich hier vermeiden. Sicherlich hat das mit der emotionalen Komponente des Themas, aber auch mit meiner teilwese nicht sehr diplomatichen Ausdrucksweise zu tun.

Für mich selbst ist das Thema ebenfalls sehr emotional. Ich habe diese Erfahrung in meiner Praxis oft gemacht und war immer wieder schockiert über die Haltung und Argumente meiner Kollegen, die ich doch eigentlich so schätze - auch fachlich. Für mich selbst konnte ich immer nur sagen, dass ich aus dem Bauch heraus, dass Gefühl habe, diese Behandlung ist einfach falsch.

Nun habe ich im Rahmen meines Studiums der Pflegewissenschaft die Gelegenheit genutzt, diese Situation ethisch aufzuarbeiten. Es geht also nicht darum zu sagen, wie böse doch die Schwester ist, sondern es geht "nur" um die ethische Begründung, warum es falsch ist.
In meiner Hausarbeit beleuchte ich natürlich auch die Perspektiven der anderen Akteure (Stationsleitung, Kollegen, Gesundheitspolitiker), die verschiedenen Verantwortungsebenen usw. Leider ist der Rahmen beschränkt und ich kann diese Aspekte nur anreisen. Aber es vermeidet hoffentlich den Eindruck, dass die Schwester als Schuldige dargestellt werden soll.
Auch wenn die Handlung an sich ethisch als schlecht zu werten ist (nach meiner Analyse jedenfalls), bedeutet es nicht, dass die Schwester ein böser Mensch oder eine schlechte Pflegekraft. Wir haben ja oft gar keine andere Möglichkeit. Das ist es, was uns so krank macht in diesem Beruf, den wir doch eigentlich so lieben.

So genug geschwaffelt.
Zu Sebald's Fragen:
Die Belastung der Kollegen (bzw. von mir) ist natürlich da. Doch sehe ich das nicht als Rechtfertigung für den Entzug der Würde. Ausscheidungen sind (auch) unser Job. Und dem Riskio dass er unkontrolliert ausscheidet, lässt sich auch anders, als mit einer Windel begegnen, auch wenn das Risiko sich dadurch nicht gänzlich ausschalten lässt. Leider stimmen oft die Rahmenbedinungen (enorme Arbeitsbelastung durch zu viele Patienten/Verantwortung, Zeitmangel, etc) hierfür nicht.
Eine Windel ist im Kontext der extremen Arbeitsbelastung (insbesondere Nachts) natürlich die einfachste Lösung. Versorge ich ohne Windel, muß ich auch die Ressourcen haben, den Patienten ggf. sofort entsprechend versorgen bzw. auf seine Hilfegesuche reagieren zu können. Muß ich ihn aus Ressourcenmangel erstmal ne Stunde in seinen Ausscheidungen liegen lassen, ist das auch nicht im Sinne des Erfinders.

Die Frage ob eine Windel tendenziell entwürdigent ist, ist schwierg zu beantworten. Grundsätzlich dürfte ein Patient es als entwürdigend empfinden. Die Frage ist aber die Intention (oder auch Indikation) dahinter und wie professionell die versorgende Pflegekraft damit umgeht. Bei einer dauerhaften Inkontinenz (kenne mich bei Erwachsenen nicht so aus) geht es einfach manchmal nicht anders. Es gibt keine Handlungsalternative.
Bei einem alk. Jugendlichen besteht keine dauerhafte oder überhaupt keine Inkontinenz. Und die Pflegekräfte begründen ihr Vorgehen nunmal meistens mit "einer Lektion erteilen" usw. Ich habe ja diese Diskussionen ständig führen müssen. Sie wollen ihm nicht helfen, sondern sich selbst (Arbeitserleichterung) und ihm ne Lektion erteilen (falsch verstandene Erziehungskompetenzen, oder auch Frustabbau). Hier wird die Würde sozusagen vorsätzlich gemindert. Ethisch (bzw. deontologisch bzw Pflichtethik) betrachtet wird der moralische Wert einer Handlung nach seiner Intention und Grundgesinnung des Handelnden bewertet.

Das beantwortet irgendwie auch Mattis Frage, nach der Entwürdigung durch "von oben bis unten ,,,,". ;)
Natürlich ist das für den Patienten nicht würdevoll. Aber es geht nicht um die Folge des Würdeverlusts, sondern darum wer und warum (Intention, Gesinnung) dieser geschieht.

Im übrigen behandle ich diese Fragen/Argumente auch in meiner Arbeit.

Hoffe ich bin jetzt nicht mal wieder jemanden auf die Füße getretten.

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

26 Feb 2012 13:04 - 26 Feb 2012 13:08 #9 von Sebald
Hallo MoonKid,

Deine ausführliche Antwort war wichtig! Ich denke, auch Mathis wird sie zu schätzen wissen...

Aber was sind denn jetzt genau die Alternativen zu Windel/Vorlage usf.? Kann man das mit einer Bettvorlage wirklich gleichwertig in den Griff kriegen?

Und die ethische Betrachtungsweise bleibt für mich, außenstehend, immernoch irgendwie ein Konstrukt.

Windeln an sich sind weder gut noch schlecht. Nur die Motive ihrer Anwendung machen sie zu etwas, was sich ethisch bewerten ließe. Dazu gehört auch, wie sie intern und nach außen dargestellt werden. Zwischen Bezeichnungen 'Vorlage' oder 'Pampers' ist ein ziemlich großer Unterschied.

Wenn also die Pflegekraft Dampf ablassen will oder 'pädagogisch' ansetzt, dann könnte sie das doch im Grunde mit jedem Gegenstand machen, der dann entsprechend 'aggressiv' verwendet wird.

Wenn man das so auf die Windel fixiert, dann trägt man doch eigentlich dazu bei, einen Gegenstand so aufzuladen, wie man ihn eigentlich nicht verwenden müßte. Alle Beteiligten 'einigen' sich - menetwegen auch im Nachhinein - darauf, daß er im Moment hilfreich ist/war, und gut wär's. Was auch bedeutet, dass man dem Betroffenen am nächsten Morgen signalisiert, dass sei ein Krankenhaus durchaus gängig eingesetzter Gegenstand.

Fragen über Fragen,
Sebald

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

26 Feb 2012 16:15 #10 von MoonKid
Nochmal kurz: Es geht wirklich nur um solche Patienten, die ausschlafen sollen, ein bißchen Infusion bekommen und bei denen Temp und Blutzucker überwacht werden. Es sind keine Intensivpatienten, bei denen Entgiftung im Sinne von Abführen usw vorgenommen wird, mit Monitorüberwachung etc.

Alternative:
Ihm verklickern dass er nicht alleine aufstehen darf und auch nicht kann, dass er die Klingel verwenden soll. Ob dies funktioniert, hängt natürlich von seinem Zustand, seiner Aufnahmefähigkeit und seiner Kooperationsbereitschaft ab.
Bei Aufnahmefähigkeit muss ich einfach das Beste hoffen. ;)
Kooperationsbereitschaft wird gerade dadurch gefördert, dass ich ihm mit Respekt gegenübertrette, ihn nicht bewerte und ihm seine Würde lasse.

Nebenbei wird das Bett natürlich möglichst niedrig gestellt, damit er ggf. nicht zu tief fällt.

Ein Pulsoxymeter ("roter Finger", Überwacht Sauerstoffsättigung und Puls) eignet sich auch gut als Bewegungsmelder. Richtig eingestellte (oder möglichst alte) Geräte produzieren bereits bei kleinen Bewegungen Artefaktalarme, weil das Gerät dann keine richtigen Werte mehr ableiten kann. Somit höre ich aus der Entfernung schon, wenn sich da wat bewegt.

Eine Windel würde ihm am alleinigen Aufstehen nicht hindern, sondern dies eher noch födern, weil er (wegen respekt- und würdeloser Behandlung) mir nicht vertraut.

Bitte Anmelden um der Konversation beizutreten.

Moderatoren: MichaelDah
Ladezeit der Seite: 0.240 Sekunden

Inkontinenz Selbsthilfe e.V.

Die Inkontinenz Selbsthilfe e.V. ist ein gemeinsames Anliegen vieler Menschen. Der Verein versteht sich als ein offenes Angebot. Unsere Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich. Den Verein bewegt, was auch seine Mitglieder antreibt: Wir möchten aktiv zur Verbesserung der krankheitsbedingten Lebensumstände beitragen.

 

Impressum        Kontakt       Datenschutzerklärung

 

 

 

Spendenkonto:
Volksbank Mittelhessen eG
Inkontinenz Selbsthilfe e.V.
IBAN: DE30 5139 0000 0046 2244 00
BIC: VBMHDE5FXXX

Besucher: Sie sind nicht allein!

Heute 1255

Gestern 1968

Monat 36209

Insgesamt 9983536

Aktuell sind 77 Gäste und keine Mitglieder online

Alle Bereiche sind kostenfrei, vertraulich und unverbindlich. Wenn Du erstmalig eine Frage im Forum stellen möchtest oder auf einen Beitrag antworten willst, ist es erforderlich sich sich zuvor zu registrieren. Bitte sei bei der Auswahl deines Benutzernamens etwas einfallsreich. Häufig verwendete Vornamen sind normalerweise schon vergeben und jeder Name kann nur einmal vergeben werden. Achte auf korrekte Eingaben bei Passwort, Passwortwiederholung und existierender Mailadresse! (Die Freischaltung kann bis zu 36 Stunden dauern!)

Jetzt kostenfrei registrieren

Anmelden