Hey,
kurz die wichtigsten Randdaten zu meiner Person: 24 Jahre jung (alt?!), männlich.
Meine Geschichte:
Schon seit meiner frühesten Kindheit habe ich eine schwache Blase. Bei längeren Urlaubsfahrten, im Kino, auf Ausflügen - ich musste immer auf die Toilette. Der Kinderarzt sprach von psychischen Ursachen und hatte weitere Untersuchungen nicht für notwendig befunden.
Irgendwie bin ich damit aufgewachsen und klar gekommen. Bei Prüfungen, kirchlichen Veranstaltungen usw. wurde einfach wenig getrunken und dann ging es irgendwie doch. Kurz um-ich bin mit dieser Schwäche aufgewachsen und habe gut gelernt damit umzugehen. Es war auch immer eine gewisse Scham dabei einen Arzt aufzusuchen-die Pubertät machte alles nicht gerade einfacher.
Mit 18 bin ich dann das erste Mal auf drängen meiner damaligen Freundin zum Urologen: "Nehmen Sie diese Tabletten, wenn die nichts helfen, dann machen wir eine Blasenspiegelung". Meine Reaktion? Ich bin einfach nicht mehr zum Folgetermin erschienen. Eine Kamera durch mein bestes Stück? Nicht mit mir!
Zwischenzeitlich habe ich dann auch die Schule beendet und eine Lehre in einem Beruf mit Kundenkontakt angefangen. Während der Ausbildung, war ich mehrmals im Aussendienst mit Vertrieblern unterwegs. Die Hölle! Erklärt mal jemanden der 2 mal am Tag pinkeln muss, warum man nach ner Stunde schon wieder dringend auf die Toilette muss? Versteht mich nicht falsch, ich gehe offen mit meinem Problem um und mein Umfeld weiß auch von meiner "Konfirmandenblase", trotzdem ist es immer wieder peinlich in irgendwelchen Besprechungen/Kundengesprächen etc. zweimal aufstehen zu müssen. Ihr kennt es sicherlich.
Mit Ende 22 konnte ich mich dann doch durchringen, bei einem Gespräch mit meinem Hausarzt bin ich über meinen Schatten gesprungen und hab das Thema angesprochen. Hatte bis dahin nicht gerade ein Vertrauensverhältnis zu einem Arzt aufbauen können, dementsprechend schwer ist es mir gefallen. Er wollte dann für den nächsten Tag einen Ultraschall mit "voller" Blase machen, ich sollte daher ab mittag nicht mehr aufs Klo gehen. Pah, 1 1/2 Stunden vorher nicht aufs Klo gehen reicht bei mir vollkommen aus. Ultraschall hat nichts ergeben, die anschließende erneute Untersuchung nach Blasenentleerung (Restharn?) hat auch nichts ergeben. Also hat er mich mit der Diagnose Polyurie (oder so ähnlich) an einen Urologen überwiesen.
Ich natürlich total Bammel vor dem Termin gehabt, da ich schon einen Schlauch in meiner Harnröhre gesehen habe. Man malt sich als junger Mann auch die schlimmsten Untersuchungen beim Urologen aus. Geschichten von irgendwelchen Bekannten tun ihr übriges dazu.
Gott sei Dank bin ich an den neuen Arzt der Praxis (war die selbe Praxis wie bei meinem ersten Besuch) gekommen. Ein total sympathischer einfühlsamer und verständnisvoller und relativ junger Arzt - keiner von diesen alten, dauer gestressten, unfreundlichen Ärzten die ich davor hatte (meinen neuen Hausarzt ausgeklammert). Da ich bereits schon bei meinem ersten Besuch ein Miktionsprotokoll führen sollte, habe ich dieses ebenfalls schon mitgebracht - zur Freude des Arztes
. Er erklärte mir kurz, dass viele an derartigen Problemen leiden und viele vor Scham nicht ärztlichen Rat aufsuchen, er zeigte auch Verständnis, dass ich mich nie zu einem Arzt begeben habe- bei meinem ersten Besuch hat der Arzt mich hingegen fast schon ausgelacht
Aufgrund des Miktionsprotokoll (geringe Harnmenge), erneuter Ultraschalluntersuchung hat mein Arzt eine Reizblase vermutet und mir Emselex verschrieben, welches ich einmal täglich einnehmen soll. In 3 Monaten soll ich wieder vorbei kommen. Zusammenfassung: die erste Woche Verstopfung, extreme Mundtrockenheit, Stimmungsschwankungen (die ersten Wochen). Nach 3 Monaten eine leichte Verbesserung. Bei meinem Arzt habe ich angegeben, dass die Tabletten wirken (was ja auch so war). Also nochmal 3 Monate Emselex eingenommen und was soll ich sagen? Geil! Teilweise mehrere Stunden kein Harndrang, wenn ich Harndrang hatte und pinkeln war, war dann auch Ruhe danach, sehr große Harnmengen ("Wow, passt da soviel rein?!")
Meine Lebensqualität hat sich extremst verbessert!
Mein Arzt war auch froh mit dem Ergebnis, also verschrieb er mir nochmal Emselex und vereinbarte mit mir, dass Medikament schrittweise abzusetzen, also nur noch jeden zweiten Tag Tabletten zu nehmen. Für den Fall, dass es wieder schlimmer werden sollte, soll ich gleich wieder die normale Dosis nehmen. Was soll ich sagen? Einen Tag kein Emselex genommen-schneller Harndrang wieder da. Danach wurde es nie wieder so gut. Traurig ging es also zum nächsten Termin und dem Arzt wieder die Probleme geschildert. Kein Problem, kann passieren. Wir steigen auf ein neues Medikament um, das hilft dann wieder bei den meisten Patienten. Um es abzukürzen: nach jeweils 3 Monaten wurden Toviaz, Vesikur und noch ein Medikament erfolglos eingenommen.
Die Gedanken an die Blasenspiegelung wurden immer mehr, umso näher der Termin gekommen ist. Es wurde gegoogelt bis zum umfallen-wirklich beruhigter wurde ich dadurch nicht. Beim nächsten Termin war es dann soweit: "Herr ****, ich muss jetzt doch mal in ihre Blase schauen."
Die Prozedur muss ich hier wohl nicht erklären, bis auf die Überwindung des Schliessmuskels (welcher sehr stark ist, laut meinem Urologen) war es null schmerzhaft- angenehm ist aber anderst. Völlig euphorisch, da ich ja eine gedankliche Hürde hinter mich gebracht hatte, ging es dann nach Entleerung der Blase wieder zum Ultraschall. Die Blasenspiegelung war unauffällig und wurde zum Ausschluss von Veränderungen der Blase etc. gemacht. Anschließend vereinbarten wir eine Medikamentenpause von 1 1/2 Monaten und es wurde nochmal ein Medikament (ich meine wir wollten es nochmals mit Emselex versuchen, da dies ja beim ersten mal sehr gut geholfen hat) versuchen. Als nächste Untersuchung stellte er mir eine Urodynamik in Aussicht, wenn auch hier wieder keine Besserung in Sicht ist.
Natürlich ist es auch zu keiner Besserung gekommen. Bei meinem letzten Termin (vor fast einem Monat) wurde mir dann das neue Wundermittelchen Betigma vorgestellt. Viele seiner Patienten seien damit sehr sehr glücklich, es wirkt entkrampfend. Da ich noch Emselex hatte und die Hoffnung hatte nach längerer Einnahme die anfängliche Wirkung wieder zu erzielen, nahm ich die ersten zwei Wochen Emselex weiter-ohne Erfolg.
Also stieg ich um auf das neue Wundermittelchen und was soll ich sagen? Die erste Woche hab ich wirklich Verbesserung gespürt, teilweise musste ich 3 Stunden (obwohl ich Kaffee + Tee + einiges an Wasser) getrunken hatte nicht auf die Toilette und wenn dann der Harndrang gekommen ist, war es zum aushalten. Normalerweise bei mir undenkbar den Harndran längere Zeit zu unterdrücken. Meine Zuversicht stieg
Sollte das das Ende meiner Probleme bedeuten? Seit diesem Wochenende jedoch geht es wieder los. Teilweise halbstündlicher starker Harndrang, den ich nicht unterdrücken kann, also den Toilettengang hinauszuzögern--> ich hab zwar noch nie die Kontrolle verloren, muss jedoch immer schnellstmöglich auf die Toilette.
Meine Laune ist natürlich momentan wieder im Keller.
Ich nehme Betigma jetzt noch genau 14 Tage weiter, in der Hoffnung das die Wirkung wieder einsetzt (habe irgendwo eh gelesen, dass mindestens 4 Wochen das Medikament eingenommen werden soll), irgendwie glaube ich aber fast nicht mehr dran.
Ich bin total verzweifelt., mich zermürbt mein Handicap mittlerweile sehr. Warum jetzt aufeinmal? Vielleicht weil ich das Glück hatte einige Zeit mit einer normalen Blase leben zu können...
Sorry, dass der Text so lange wurde, es ist aber auch das erste mal dass ich meine Krankheitsgeschichte so ausführlich erläutere. Ich wollte mich eigentlich kurz fassen, aber nach den ersten Zeilen ist es irgendwie aus mir herausgesprudelt und wisst ihr was? Mir geht es besser
Kennt ihr ähnliche Behandlungsverläufe, also ursprüngliche Besserung, dann schlägt jedoch kein Medikament mehr langfristig ein. Manchmal denke ich, meine Blase will überaktiv bleiben
Liebe Grüße,
Dave
PS: Rechtschreibfehler dürfen behalten werden, ich hoffe jedoch, dass der Text einigermassen angenehm-gerade im Hinblick auf seine Länge- zu lesen ist und euch nicht langweilt.