Die Versorgung mit Inkontinenzprodukten über die gesetzlichen Krankenkassen ist klar geregelt. Trotzdem sind Patienten und Krankenkassen nicht immer auf einer Linie. Ontex-Experte Thorsten Graalmann erklärt, wie die Versorgung sichergestellt wird und wie Betroffene gut versorgt werden können.
Das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) ist seit April 2017 in Kraft. Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Bevölkerung kündigte der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe eine bessere Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln an, damit „Versicherte ihren Alltag trotz Einschränkungen möglichst selbstbestimmt bewältigen.“ Neben einer angemessenen Vergütung für Leistungen im Rahmen der Patientenpflege gab CDU-Mann Gröhe – auch mit Blick auf Inkontinenz-Betroffene – bekannt: „Zudem richten wir die Hilfsmittelversorgung stärker an Qualitätszielen aus und verbessern die Rechte der Patientinnen und Patienten auf Beratung und Information.“ Der Versicherte stand bei der Fassung des Gesetzes im Fokus.
Das Ziel: Jeder soll bestmöglich und – bezogen auf die individuellen Anforderungen der Inkontinenz versorgt werden.
Versorgung im Rahmen des Sachleistungsprinzips der gesetzlichen Krankenkassen
Klingt einfach, aber ganz ohne Bürokratie und Richtlinien geht es dann doch nicht. So müssen auf Rezept erhältliche Inkontinenzprodukte – zum Beispiel eine anatomische Vorlage – zunächst im Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgelistet sein. Dafür müssen sie detaillierten Spezifikationen entsprechen. Egal ob Größe, Aufbau, Aufsauggeschwindigkeit, Aufsaugleistung oder die sogenannte Rücknässung, alles ist genau festgelegt. Dieses ist ein wesentlicher Unterschied zu Produkten, die im Supermarkt oder der Drogerie bezogen werden können. Die dort vertriebenen Produkte unterliegen nicht den Qualitätsanforderungen der Krankenkassen.
Optimale Versorgung – Herausforderung für Versicherte, Leistungserbringer und Krankenkassen
Alle Versicherten gut zu versorgen, lautet der Auftrag des Gesetzgebers. Bei einem Punkt stößt die gesetzliche Versorgung dabei allerdings an ihre Grenzen: jeden Betroffen in seiner Individualität gerecht zu werden oder die persönlichen Wünsche zu befriedigen. Denn während der eine mit der Menge und Qualität der Versorgung gut abgedeckt ist, hat der andere zum einen ein höheres Hygieneempfinden oder eine über das Sachleistungsprinzip hinaus gehenden individuellen Anspruch.
Neben dem Anspruch und der Verpflichtung die Versicherten optimal zu versorgen, fordert der Gesetzgeber von den Leistungserbringern die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen.
Das bedeutet für Versicherte: Die medizinisch notwendige Versorgung wird über Pauschalbeträge abgedeckt. Die Leistungserbringer haben die Herausforderung, hierfür eine bedarfsgerechte Versorgung umzusetzen, die sich zwar am individuellen Bedarf des Versicherten orientiert, aber nicht über das medizinisch Notwendige hinausgeht. Der Gesetzgeber definiert jede darüberhinausgehende Versorgung, egal ob durch einen höheren Komfort- oder Hygienebedarf, als Wunschversorgung – die Differenz muss der Versicherte selbst bezahlen.
Gute Basisversorgung
Die Hersteller müssen in ihrer Produktion die gesetzlichen Auflagen erfüllen, zusätzlich stehen sie aber auch im gegenseitigen Wettbewerb und optimieren ihre Produkte kontinuierlich. Zudem sind die Anforderungen an die Hilfsmittel– und damit auch die Qualität – in den vergangenen Jahren gestiegen. So ist das Hilfsmittelverzeichnis von Mitte der 1980er Jahre für die Gruppe der Inkontinenzprodukte über Jahrzehnte nicht verändert worden, bis 2016 auf politischen Druck und Arbeit der Interessenvertretungen die Spezifikationen deutlich erhöht wurden. Damals wurde auch festgelegt, dass das Hilfsmittelverzeichnis regelmäßig aktualisiert werden müsse. Deshalb steht das Hilfsmittelverzeichnis für diese Produktgruppe erneut kurz vor einer Überarbeitung.
Welche Versorgung für wen?
Die Produktausweitung über die reine Standardversorgung hinaus ist auch eine Folge der immer gesteigerten aktiveren Gesellschaft. Durch Aktivität und Mobilität wuchs auch das Hygienebedürfnis. Die gesteigerten Wünsche sind mit der gesetzlichen Regelversorgung nicht immer abzudecken und führen dazu, dass nicht immer alle individuellen Bedürfnisse im Sachleistungsprinzip abgedeckt werden. Zusätzlich bieten die Hersteller auch ein erweitertes Produktsortiment an. Dieses deckt den gesteigerten Komfort über das Maß des individuellen Bedarfs hinaus ab.
Mit Bedarfsermittlung und Beratung zur guten Versorgung
Um herauszufinden, welche die jeweils beste Lösung für den Versicherten ist, sollte zu Beginn immer eine gründliche Anamnese stehen. Die persönliche Betreuung im Service-Center nehmen wir bei Ontex deshalb sehr ernst und stellen – zugegeben häufig auch sehr persönliche – Fragen. Aber nur wenn wir uns die nötige Zeit nehmen und jede individuelle Situation analysieren, können wir aus den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten das Optimum herausholen – und den Patienten mit einem ideal passenden Produktpaket helfen. Die Kollegen im Service Center sind entsprechend ausgebildet und kompetent in der Beratung.
Ausblick
Und wie sieht die Zukunft der Versorgung aus? Mit der kontinuierlichen Anpassung des Hilfsmittelverzeichnisses und dem starken Dienstleistungsinteresse der herstellergebundenen Service-Center werden Beratungsleistung und Produktqualität weiter erhöht werden. Sicherlich wird es auch in Zukunft ein erweitertes Produktsortiment geben, insgesamt wird die Leistungserbringung im Sinne der gesetzlichen Richtungsweisung aber weiter optimiert. Auch in unserer Branche schreitet der technische Fortschritt voran, entsprechend werden die Produkte angepasst.
Auch wenn sicherlich noch nicht alles perfekt ist, so muss doch anerkannt werden, dass die Versorgung bereits sehr umfangreich ist und alle Beteiligten an einer weiteren Optimierung arbeiten. Und als Leistungserbringer sehen wir uns nicht nur als Lieferant für Inkontinenzprodukte, sondern stehen dem Patienten langfristig als Partner zur Seite.
Wir beraten, wir versorgen mit spezialisierten Produkten und wir geben Tipps zum Beispiel auf unserer Ratgeber-Seite www.Inkontinenz.de.
Das klare Ziel: Den Betroffenen die Wahl des passenden Inkontinenzprodukts zu erleichtern, damit diese am Leben aktiv, würdevoll und sicher teilhaben können.
Autor: Thorsten Graalmann, Verantwortlicher für Krankenkassenverträge bei Ontex Healthcare Deutschland GmbH, einem der führenden Unternehmen für Inkontinenzprodukte.