Ganz einfach:
weil
... die meisten von uns sich ihren Platz im Leben erobern mußten. Ganz oben oder ganz unten, das lag meistens an uns selbst. Es war niemals - nicht in jener Zeit - das Gefühl von "ich sehe keine Zukunft für mich". Wir waren neugierig auf die Zukunft und wir fügten uns in ein System, das ganz klar vorgab, das wir für unseren Lebensunterhalt arbeiten müssen. (Utopisch der Gedanke, mit 20 Jahren auszuziehen und eine Wohnung nebst Einrichtung vom Sozialamt oder Arbeitsamt GESCHENKT zu bekommen)
... Obwohl unsere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen ganz sicher nicht immer die besten waren. Wir kannten damals sogar schon recht früh den Unterschied "Arbeiterkinder" oder Kinder von Angestellten und besser. Auch als junger Mensch im Berufsleben war das noch lange ein Kriterium um einen Stand in der Gesellschaft zu dokumentieren.
(Ich höre schon alle möglichen wenn und abers, deshalb an dieser Stelle deutlich gesagt, es geht mir um die normalen Abläufe dieser Generation und nicht um irgendwelche Ausnahmen oder Besonderheiten zu benennen)
aber zurück:
Eine Zeit, in der "alte Omas" und Kriegswitwen es als verpönt ansahen, sich vom Sozialamt die ihnen zustehende Hilfe geben zu lassen. Und deren Kinder, also die Generation meiner Eltern, es als selbstverständlich ansahen, hier Unterstützung zu geben. Hier ist zum ersten Mal für uns Jugendliche erkennbar gewesen, woraus sich Werte wie Ehre, Moral und Anstand zusammensetzen. Ohne uns das erklären zu müssen.
... wir hatten Lehrer in der Schule, welche eine Katastrophe waren. Dann, aber höchstens dann, kamen unsere Eltern in die Schule marschiert und haben sich eingemischt. Alles andere wurde an unseren Zensuren abgelesen. Wir hatten aber mindestens genauso viele Lehrer, die ihren Beruf und auch die ihnen anvertrauten Kinder gemocht haben - ohne Ansehen der Person. Auch hier machten wir unsere Erfahrungen, uns mit Unrecht und Enttäuschung auseinander zu setzen.
... wir hatten Respekt gegenüber (na klar) der Obrigkeit, der Polizei, aber auch vor älteren Menschen, vor Kranken und Behinderten und wir boten in der Straßenbahn höflich unseren Sitzplatz an.
... wir machten unsere Witzchen über alles und jedes, und ich kann mich z.B. an einen kriegsversehrten Nachbarn ohne Beine erinnern, der ein irgendwie zusammengebautes Gefährt hatte, das uns Kinder zwangsläufig zum witzeln und Sprüche machen aufforderte. Aber wird sind für ihn einkaufen gegangen, haben unseren Eltern davon erzählt, was zur Folge hatte, das Mutter regelmäßig einen Kuchen für ihn mit gebacken hat.
... zu Weihnachten oder Ostern gab es immer ein neues Kleidungsstück, als Überraschung versteht sich, nich 2 Wochen vorher selbst ausgesucht. Menno haben wir uns da gefreut.
... wir wurden ausgemeckert, in die Pfanne gehauen von Nachbarn, die uns bei unserer ersten heimlichen Zigarette erwischt hatten, und was ein Riesen-Donnerwetter zu Hause zur Folge hatte. (Nur wegen der doofen Frau XY..)
... wir hatten "Stubenarrest" und mußten diesen zwangsläufig zur Besinnung nutzen, es gab kein Fernsehen, keinen Besuch von den anderen. Ich kann mich nur zu gut an das nicht enden wollende Ticken der Wohnzimmeruhr in der Dämmerung erinnern.
... wir hatten Eltern, die arbeiten gingen und von uns Kindern erwartet haben, das sie sich auf uns verlassen können. (Na klar mehr oder weniger)
... wir mußten zum gemeinsamen Abendbrot zu Hause sein, in Ausnahmefällen anschließend nochmal 1 Std raus.
... wir wußten, wenn wir gar zu schlimmen Blödsinn anrichteten, daß unsere Eltern dafür zur Verantwortung oder im schlimmsten Falle zur Kasse gebeten wurden. Überall gab es noch die Schilder: Eltern haften für ihre Kinder. Nicht immer, aber meistens hielt uns das ab.
... wenn "Rummel" oder Schützenfest war, bekam ich von meinem Vater 30 oder 50 Pfennige. damit konnte ich mir ausrechnen 1 x Autoscota und eine Waffel, oder ein Eis und Zuckerwatte. Fast hätte ich alles immer mit nach Hause gebracht, weil ich nichts für gut genug befand meine 30 Pfennige auszugeben.
... wir sind mit jeder Menge Lebensweisheiten, aber auch "saudummer Sprüche" groß geworden, wie:
Lehrjahre sind keine Herrenjahre, du lernst nicht für die Schule sondern für Dich, Geh nicht mit dem Brot auf die Straße, ach ja "wehe, Du schmeißt Brot weg", was sollen die Nachbarn denken, am schlimmsten war: warte bis Papa nach Hause kommt ... daher das langsame Ticken der Wohnzimmeruhr.
... wir sparten von unserem Lehrlingsgeld unseren Fürherschein zusammen, meist aber erst als ausgelernt. Das Auto dazu haben wir aus erspartem dann erst Jahre später kaufen können.
ich muß mal aufhören, diese Zeiten haben so viele Weichen gestellt für uns "Helden" die aber dennoch oder gerade deswegen in die 68-Falle gestolpert sind.
Aber das ist wieder eine andere Baustelle.
Helden, sind wir geworden, weil wir mit weitaus weniger guten Umständen und Startmöglichkeiten, ohne einen "Gesetzesschutz" und da auch festgelegten Erziehungsablauf zum erfolgreichen Gelingen dieser einstmals blühenden Landschaften beigetragen haben. Wir haben wie unsere Eltern, die Ärmel aufgekrempelt.
Ohne Rückversicherung, ohne Lichtlein (Arbeitsamt/Sozialamt) am Ende des Tunnels. (Das wären damals Paenuts gewesen).
LG Ilona
Edit: Für Matti
HELDEN sind wir vor allem deswegen, weil wir in der heutigen Zeit bestehen können, trotz einem dramatisch heruntergeschraubtem Lebensstandard (ne, das ist kein jammern auf hohem Niveau) und einem beruflichen Beiseite geschoben sein, weil man aufgrund jahrzehntelanger qualifizierter Tätigkeit, "besser" verdiente und dieses nicht mehr ins heutige Bild des modernen Managements paßt und nicht mehr bezahlt werden will. Es sei denn, man wäre Herr Ackermann, oder Herr Harz.