Neuregelung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes
Was von der Politik zur Stärkung des Wettbewerbs gedacht, erweist sich schon jetzt in der Praxis für viele Betroffene als echte Problematik. Bereits am 1. April 2007 ist das „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (kurz: GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz oder GKV-WSG) in Kraft getreten. Bis Ende 2008 gilt eine Übergangsfrist, in der die Hilfsmittelversorgung noch weitgehend wie bisher erfolgen kann. Über 20 gesetzliche Krankenkassen haben jedoch bereits Ausschreibungen durchgeführt oder initiiert. Zahlreiche neue Verträge wurden abgeschlossen. Infolgedessen gelten bereits jetzt für mehrere zehntausend gesetzlich Krankenversicherte im Bedarfsfall erhebliche Einschränkungen bei der Hilfsmittelversorgung. Dies betrifft bislang vor allem die Versorgung von Inkontinenzpatienten, die Anti-Dekubitusversorgung, orthopädische Hilfsmittel und den Bereich der TENS Schmerztherapie. Patienten und pflegende Angehörige beklagen vor allem die schlechtere Qualität der Versorgung und die mangelnde Beratung durch manche ihnen neu zugewiesene Versorgungspartner."
Die Neuerungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes bergen die Gefahr, dass bei der Hilfsmittelversorgung künftig der Preis wichtiger sein wird als die Qualität.
Wettbewerb ist schön und gut – aber nicht, wenn darunter Betroffene leiden. Genau das aber steht zu befürchten,
wenn nur noch die Krankenkassen entscheiden, welche Leistungserbringer Betroffene zu nutzen haben.
Bislang konnten Patienten selber entscheiden, welchem Homecare-Unternehmen, welchem Sanitätshaus oder welcher Apotheke sie vertrauen. Aus gutem Grund, denn medizinische Hilfsmittel berühren oft sensible und intime Bereiche des täglichen Lebens und Überlebens der Patienten, bei denen auf individuelle Betreuung, Beratung und Anpassung ankommt. Dies aber spielt bei der Neuregelung des GKV-Wettbewerbungsstärkungsgesetzes nur eine untergeordnete Rolle.
Bisher griffen die Krankenkassen auf zugelassene Lieferanten und Hersteller zurück. , künftig müssen sie die Hilfsmittelversorgung ihrer Versicherten ausschreiben und Verträge schließen.
Theoretisch müssen die Leistungserbringer eine „ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung gewährleisten“ – ob das der Fall ist, entscheidet jedoch allein die Kasse.
Somit schränkt die Neuregelung das Recht der Versicherten auf freie Wahl des Leistungserbringers stark ein. Und damit auch die Tatsache, dass von dieser Wahl entscheidend abhängt, ob Hilfsmittel die Lebensqualität des Patienten erhalten oder verbessern – wozu auch eine ortsnahe Versorgung gehört.
Die aber ist gefährdet, wenn nur noch wenige Partner die Leistungen erbringen – die Zukunft kleinerer Sanitätshäuser und Apotheken ist ungewiss, wodurch Versorgungslücken entstehen können – vor allem, wenn schwerkranke Patienten auf Dutzende Hilfsmittel angewiesen sind, die sie bisher aus einer Hand bekamen. Was zur Verstärkung des Wettbewerbs gedacht ist, kann so zum Gegenteil führen: einer Konzentration weniger Anbieter, die den Preiskampf bei Ausschreibungen für sich entscheiden.
Die Inkontinenz Selbsthilfe e.V. hat sich aus diesem Grund dem Aktionsbündnis <<meine Wahl!>> angeschlossen, welches auf die bereits bestehende aber vor allem befürchtete Problematik hinweisen und Einfluss nehmen will.
Der Geschäftsstelle liegen teilweise haarsträubende Berichte vor. Eines wird aber jetzt schon deutlich: Verbessert hat sich die Versorgungssituation für keinen einzigen der Berichtenden.
So stellt sich für einige Betroffene immer wieder das Problem der Lagerung. Der Ausschreibungsgewinner liefert beispielsweise einen 3-monatsbedarf Windeln.
Qualitätseinbußen mussten fast alle hinnehmen. Unterschiedliche Produkte, beispielsweise eine Tag und Nachtversorgung fallen weg.
Innovative Produkte wie beispielsweise den Speedy Cath von Coloplast gibt es nicht mehr beim Ausschreibungsgewinner.
Unterstützt das Aktionsbündnis »meine Wahl« und unser Engagement für den Erhalt EURES Mitspracherechts, indem ihr uns eure persönlichen Erfahrungen hier im Forum mitteilt.
Weitere Informationen zum Aktionsbündnis:
www.buendnis-meine-wahl.de