Guten Morgen!
Vielen Dank für eure Hilfe!
Michael: Danke für deinen Tipp mit der Tabelle. Das kann ich machen und der Krankenkasse für unser Gespräch mitnehmen. Zusätzlich kann ich noch das, was im Hilfsmittelregister zu den jeweiligen Windeln aufgeführt ist ausdrucken.
Meine Tochter hat die kostenfreien Windeln bisher nicht getragen. Ich habe ja nur ein einziges Exemplar davon und ganz ehrlich, meine Tochter schreckt auch davor zurück eine Auslaufsituation sozusagen absichtlich herbeizuführen. Nasse Hosen und Rollstuhl sind halt leider nicht sehr angenehm. Während der Arbeitszeit oder wenn wir in der Freizeit unterwegs sind, ist so ein Experiment auch gar nicht möglich. Ich habe mich auf die im Hilfsmittelregister angegebenen Werte verlassen, die gravierend unterschiedlich sind. In einem Beitrag weiter oben habe ich glaube ich auch was dazu geschrieben.
Hautveränderungen sind sowieso eher langfristig festzustellen. Ich glaube nicht, dass es schon beim tragen einer einzigen vorhandenen Probewindel über eine kurzen Zeitspanne schon zu Windeldermatitis kommt. Geschweige denn zu einem Druckgeschwür. Und wenn das erst einmal da ist, dann wäre es zu spät, denn das würde eine sehr langwierige und schwierige Behandlung nach sich ziehen. Aufgeweichte Haut ist empfindlich und durch das sitzen im Rollstuhl kann eine kleine Falte genügen um ein solches Geschwür zu begünstigen. Von daher ist ein guter Rücknässeschutz absolut wichtig und das bietet eben nur eine Premiumwindel.
An Matti:
Ich kann so viele Informationen die ich erhalten habe an dich weiter geben wie möglich. Wenn es nur mir und anderen, die in die selbe Situation wie wir kommen helfen kann! In anonymer Form dürfen alle Informationen, die ich hier schreibe weiter gegeben werden. Inklusive dem Text des ärztlichen Attestes, der Antwort des ehemaligen Lieferanten und die Reaktion der Krankenkasse darauf.
Hier ist erstmal meine Anfrage, die ich allen 20 Apotheken/Sanitätshäusern auf der Liste der TK geschrieben habe. Sie hat folgenden Text:
"Guten Tag,
meine Tochter benötigt eine zuverlässige Windelversorgung.
Sie hat aufgrund ihrer Menigomyelocele eine Querschnittslähmung und damit einhergehend eine schwere Harn- und Stuhlinkontinenz. Sie benötigt daher auch tagsüber Windeln mit hoher Saugleistung um einen kontinuierlichen Schutz zu gewährleisten.
Aufgrund ihrer hohen Ausscheidungsfrequenz und der nicht gegebenen Möglichkeit und Fähigkeit die Toilette zu nutzen, müssen die Windeln häufiger gewechselt werden.
Tagsüber ist meine Tochter sehr aktiv und mobil im Rollstuhl und vor allem auch berufstätig unterwegs. Dies erfordert hohe Anforderungen an ein Hilfsmittel um bedarfsgerecht zu sein. Die Windel muss sich zum Beispiel auch beim umsteigen vom Rollstuhl ins Auto und zurück flexibel dem Körper anpassen ohne zu verrutschen.
Ein Geruchsbinder ist unabdingbar im täglichen Sozial- und Arbeitsleben.
Da meine Tochter sich die Windeln bei der Arbeit selbst im Rollstuhl sitzend anzieht, müssen sie zudem robust und reißfest sein und über korrigierbare/wiederverschließbare Verschlüsse verfügen.
Um Hautirritationen, Windeldermatitis, chronischen Hautentzündungen wie Ulcus, Hautpilze und Harnwegsinfektionen zu verhindern ist eine ausreichende Versorgung mit gutsitzenden, hochsaugfähigen, antiallergischen und atmungsaktiven Windeln sowie ein guter Rücknässeschutz medizinisch notwendig. Ein ärztliches Attest bestätigt dies.
Meine Tochter bekommt die Windeln von ihrer Ärztin verschrieben. Da Sie als Vertragspartner der Techniker Krankenkasse gelistet sind, möchte ich Sie freundlich bitten uns ein dementsprechendes Angebot zu machen.
Bitte melden Sie sich per Email bei mir, ob sie die Windelversorgung übernehmen können, dann sende ich Ihnen gerne unsere Adresse zu.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen"
Hier sind die Antworten von einigen Apotheken, die ich per Email erhalten habe in anonymer Form:
"vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Techniker Krankenkasse bezahlt 18,45 Euro im Monat, damit ist eine Versorgung, wie es Ihre Tochter benötigt, nicht möglich.
Den Vertrag mit der Techniker Krankenkasse werden wir zum 31.12.2024 kündigen. Daher bitten wir Sie einen anderen Lieferanten zu wählen."
"Wie Sie wahrscheinlich schon wissen, erstattet die Techniker Krankenkasse nur einen Betrag von 18,45 Euro pro Monat, der natürlich nicht auskömmlich ist.
Wenn Ihre Tochter Windeln mit einer sehr hohen Saugleistung benötigt und auch wohl mehrere Windeln pro Tag, wird diese Pauschale nicht ausreichen, so dass Sie die Mehrkosten selbst tragen müssen.""
"leider muss ich Ihnen die Versorgung mit den aufsaugenden Hilfsmittel absagen."
"wir verschicken keine Inkontinenzprodukte. Gibt es in ihrem Gemeindekreis keine versorgende Apotheke oder Sanitätshaus? Es wäre für Sie leichter und unkomplizierter in der Nähe eine versorgende Apotheke/Sanitätshaus zu haben die Ihnen einen Botendienst ermöglichen. Wir können es leider nicht."
"Rufen Sie uns bitte kurz an, damit wir alles besprechen können. Die Techniker Krankenkasse übernehmen 17 oder 18 Euro pro Monat."
"wir haben Inkontinenzprodukte diverser Firmen vorrätig. Bei einer Beratung vor Ort könnten wir Ihnen dann auch ein entsprechendes Muster mitgeben oder von der Firma ein anderes Muster besorgen.
Bei der TKK haben wir nur einen sog. Monatspauschalvertrag für aufsaugende Inko-Produkte. Der Arzt kann somit nur ein Rezept über eine Inkopauschale für den Zeitraum 1 Monat oder 1 Quartal (= 3 Monate) ausstellen und nicht über ein Produkt und auch keine Menge. Die Monatspauschale bei der TKK beträgt zur Zeit 18, 45 Euro."
Das waren jetzt die relevantesten Texte aus mehreren Emails. Die restlichen Apotheken und Sanitätshäuser haben mir geschrieben, dass ich sie anrufen soll. Telefonisch habe ich dann aber ganz ähnliche Aussagen bekommen. Jeder einzelne bestätigte mir, dass die Pauschale von 18,45 Euro von der TK nicht ausreichend ist um meine Tochter zu versorgen und dass ich den Mehrpreis der entsteht selbst bezahlen muss.
Was noch hinzu kommt, alle Apotheken versorgen nur den näheren Umkreis mit Windeln und versenden nicht. Dabei entstünden allerdings Benzinkosten für uns (eine Apotheke ist über 40 km von uns weg) und vom benötigten Zeitaufwand will ich erst gar nicht anfangen.
Ich habe ziemlich viel schriftlich zusammen getragen. Über den gesamten Zeitlichen Ablauf der Geschehnisse seit Anfang Juni habe ich ein Protokoll in Stichworten geschrieben. Das habe ich eigentlich auch für mich gemacht, da ich sonst aus dem Gedächtnis heraus das nicht mehr so wiedergeben kann.
Wenn du es wünschst Matti, dann könnte ich den Ablauf in anonymer Form hier wiedergeben.
Erschreckend finde ich übrigens, dass ich von Ärzten nicht wirklich viel Unterstützung bekomme kann. Mir haben jetzt schon zwei Ärzte, die ich um Hilfe gebeten habe gesagt, dass sie mir gerne helfen würden, es aber nichts nützt. Atteste können von ihnen raus geschrieben werden und früher hat das auch geholfen. Aber heute gilt das nicht mehr. Beide befürchten, dass sie am Ende die Kosten übernehmen müssen.
Neben der Hausärztin hat mir das gestern auch der Urologe meiner Tochter gesagt, bei dem sie gestern wegen einer erneuten Blasenentzündung war. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann befürchten beide Ärzte, dass die Mehrkosten dann von ihnen getragen werden müssen, wenn sie entsprechende Atteste raus schreiben? Ganz ehrlich, ich kann es nicht fassen... Offensichtlich müssen die das irgendwoher haben, denn die Hausärztin hat ja anfangs ein Attest raus geschrieben. Das laut der Rechtsabteilung der Krankenkasse allerdings zu vage formuliert ist und vom Lieferanten ignoriert werden kann.
Nachdem ich sie anschließend nochmal um Hilfe gebeten und ihr einen langen Brief geschrieben habe, in dem ich alle Punkte aufgeführt habe, gab sie mir durch ihre Praxishelferin zu verstehen, dass sie nicht mehr tun kann. Sie befürchtet sonst in Regresspflicht genommen zu werden.
Ihr erstes und einziges Attest hat folgenden Text:
"Meine o.g. Patientin benötigt aus medizinischen Gründen das Produkt
MoliCare Premium Elastic 8 Tr M zur Inkontinenzversorgung.
Begründung:
Frau ..... benötigt die erhöhte Saugfähigkeit des Produktes, da aufgrund der Grunderkrankung eine ausgeprägte Inkontinenz besteht. Der Windelbedarf beträgt trotz der Saugfähigkeit von über 3l 6-8 /d.
Es wird dadurch der erhöhte Hautschutz benötigt um eine Windeldermatitis oder sogar ein Ulcus zu vermeiden.
Nur durch die Saugfähigkeit, Auslaufschutz und den Geruchsbinder in dem Produkt ist eine Teilhabe am Berufsleben und Sozialleben möglich.
Die o.g. Windel passt sich der Körperform an und kann selbstständig korriegiert werden, was durch die notwendigen Platzwechsel Rollstuhl/Auto notwendig sind.
Die alternativen Musterwindeln haben diese medizinisch notwendige Versorgung nicht erfüllt.
Aus medizinischer Sicht ist eine Einzelfallversorgung dringend indiziert, da sonst gesundheitliche und psychische Probleme drohen."
Die Reaktion des ehemaligen Lieferanten auf das Attest war folgende Antwort per Email:
"leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir die Versorgung mit dem gewünschten Produkt nicht übernehmen.
Dem Attest ist nicht zu entnehmen, warum das Produkt in der Ausführung benötigt wird. Alle Inkontinenz-Klebewindeln haben einen Auslaufschutz, sowie einen Geruchsbinder.
Wäre dem nicht so, dürften sie nicht ins Hilfsmittelregister geführt werden. Des Weiteren hat das gewünschte Produkt eine Saugleistung von über drei Litern, was hier einen Tagesbedarf von bis zu 8 Stück nicht begründet.
Eine Ulcusvermeidung obliegt nicht nur dem Hilfsmittel, sondern der allgemeinen Pflege, wie z.B. Sitzveränderung etc. auch hier ermöglichen alle Klebewindeln einen Hautschutz, sonst dürften sie nicht über Rezept laufen, hätten keine Pharmazentralnummer und auch keine Hilfsmittelverzeichnisnummer.
Eine Teilnahme am beruflichen Leben ist auch durch andere Klebewindeln gewährleistet, da wie oben beschrieben alle Klebewindeln über aufgezählte Eigenschaften verfügen."
Eine besondere Frechheit bei dieser Antwort ist ja der Satz ganz am Anfang: "leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir die Versorgung mit dem gewünschten Produkt nicht übernehmen". Denn bis zu diesem Zeitpunkt hat die DVG genau unser "Wunschprodukt" anstandslos geliefert.
Mich hat erschreckt, dass sowohl die Krankenkasse sagt, dass das Attest der Ärztin nicht aussagekräftig wäre, als auch der Lieferant alles zerpflückt was die Ärztin geschrieben hat.
Das sagt für mich aus, ich habe keinerlei Möglichkeit mit irgendwelchen Argumenten dagegen anzukommen was ein "Berater" von einer Lieferfirma meiner Tochter als "geeignet" vorschlägt. Denn es ist ja klar, bei einer Pauschale von nur 18,45 Euro wird ein Lieferant niemals freiwillig eine höhere Versorgung anbieten, weil er ja sonst auf seinen Kosten sitzenbleibt. Also einfach Pech gehabt, wenn man eine schwere Inkontinenz hat...
Der Urologe hat mir gestern mündlich bestätigt, dass ein Arzt nichts (mehr) ausrichten kann. Früher hat ein Attest gegolten, heute macht es keinen Unterschied mehr.
Ich weiß ja nicht wie ihr das seht, aber auf den ersten Blick als Laie erschien mir der Text des oben aufgeführten Attestes eigentlich gut und ausreichend zu sein. Es steht doch eigentlich alles wichtige drin?
Außer die 3 Liter Fassungsvermögen der MoliCare 8 Tropfen, da bin ich mir nicht sicher woher die Ärztin diese Angabe hat. Ich glaube nicht, dass diese Zahl stimmen kann, nach ca. 3 Stunden besteht bei meiner Tochter oft schon die Gefahr des Auslaufens wenn sie gut getrunken hat und in der Zeit sollten trotzdem nicht 3 Liter Urin zusammen gekommen sein. Das sollte dem Lieferanten jedoch auch bekannt sein, trotzdem führt er genau diesen Punkt als Argument auf, dass der erhöhte Tagesbedarf von ihm nicht anerkannt wird.
Zur Erklärung übrigens warum der Tagesbedarf von bis zu 8 Windeln ins Attest aufgenommen wurde: Normalerweise sind es ca. 6 Windeln Tagesverbrauch (Also ca. alle drei Stunden). Da jedoch beim selbst anlegen immer wieder mal eine einreißt und damit unbrauchbar wird, wurde "bis zu" 8 Stück ins Attest geschrieben. Sonst würden am Ende des Monats die Windeln knapp werden bis die nächste Lieferung kommt. Wir hatten genau diesen Fall schon einmal.
Nachdem ich von der TK, als auch vom ehemaligen Lieferanten mitgeteilt bekommen habe, dass das Attest nicht ausführlich genug, bzw. überhaut nicht erklärt warum höherwertige Windeln benötigt werden, habe ich einen Brief an die Hausärztin geschrieben, die das Attest ausgestellt hat.
Meine Bitte um weitere Hilfe und um ein ausführlicheres Attest hat sie mir durch ihre Arzthelferin ablehnen lassen. Die Begründung war, die Ärztin fürchtet Regresspflichtig zu werden und die Kosten für die Mehrversorgung übernehmen zu müssen. Sie hätte bereits genug getan.
Aufgrund dieser Erfahrung, dass selbst zwei Ärzte mir sagen, sie können nichts ausrichten was eine bessere Versorgung zur Folge hätte, befürchte ich, dass es mir mit keinerlei Argumenten jemals gelingen wird mit eigenen Worten etwas zu erreichen.
Es ist einfach nicht gewollt.
Ich werde trotzdem noch einmal den Versuch starten das in einem Gespräch mit der Kasse selbst zu klären.
Als letzten Schritt bleibt dann wohl nur noch ein Rechtsanwalt.
Davor schrecke ich allerdings zurück. Nicht nur wegen dem Aufwand, von dem ich wirklich nicht weiß, ob wir das nervlich durchstehen können.
Es ist auch so, dass der Urologe mir gestern etwas gesagt hat, was mich ziemlich schockiert hat. Er sagte mir, ich muss aufpassen, dass die Krankenkasse mir aufgrund der zeitgleichen Benutzung von Windeln und Kathetern meiner Tochter nicht einen Fallstrick daraus macht. Also entweder Windeln oder Katheter. Nicht beides. Denn mit den Kathetern, so könne die Kasse argumentieren, wäre sie ja "trocken" und würde keine Windeln benötigen.
Und im umgekehrten Fall, wenn sie die Katheter weglassen würde, dann ginge halt alles in die Windel und gut ist.
Dass es in der Praxis natürlich so nicht funktioniert und sie sowohl Katheter, als auch Windeln benutzen muss, weiß er und wir sowieso. Aber wenn wir Pech haben, dann könnte es wohl so gedreht werden, dass sich meine Tochter zwischen Windeln und Kathetern entscheiden muss.
Ob diese Vermutung oder Befürchtung vom Arzt stimmen kann weiß ich nicht. Aber mir hat das wirklich zu denken gegeben.
Meine Befürchtung, wenn wir einen Rechtsanwalt einschalten ist zudem: Sollte es zur Klage kommen, gegen wen wäre die dann? Gegen die Krankenkasse vermutlich, oder?
Und mit der Kasse will ich mich eigentlich nicht anlegen. Außer der Windel- und Katheterversorgung benötigt meine Tochter noch viele weitere Hilfsmittel die sehr teuer sind. So ist sie lebenslänglich auf einen Rollstuhl angewiesen, zudem noch auf ein Skoliosekorsett und Orthesen. Das alles kann abgelehnt werden wenn man sich allzu unbeliebt gemacht hat. Und ich weiß auch warum ich das schreibe, weil ich selbst so einen Fall mitbekommen habe. Aber das geht hier zu weit vom Thema weg.
Jetzt habe ich ziemlich viel geschrieben und ich hoffe, es war einigermaßen klar formuliert und nicht zu sehr durcheinander.
Viele Grüße
Hilti