Ich habe diesen Beitrag zwar schon einmal - vor längerer Zeit - in einem anderen Forum geschrieben, aber da ich ihn als "gelungen" empfinde, will ich ihn euch hier nicht vorenthalten :
So gegen Ende des Jahres 2001 wurde ich von einem Bekannten namens Sebastian Seitel angerufen.
Sebastian befand sich in einer etwas prekären Situation, wie er damals charmant untertrieb.
Er war Eigentümer einer kleinen Firma, welche Kupplungen für Telefonkabel herstellte und damit gute Gewinne einfuhr.
Wie viele andere, konnte er der Versuchung nicht widerstehen und hatte am “Neuen Markt” kräftig inverstiert.
Wie viele andere hatte er nach dem Crash alles verloren.
( Anm.: Ich übrigens auch. Ohgottohgott, wenn ich daran denke. Noch heute habe ich daran zu knäppen... )
Er besass zwar noch seine Firma, die ihn soeben über Wasser hielt, war aber finanziell so sehr angeschlagen, dass er keine etwas größeren Aufträge mehr vorfinanzieren konnte.
Die Bank, die ihn in die Situation gebracht hatte, gab ihm natürlich keinen Kredit.
( Genau wie bei mir !! )
Ich dachte erst, er wolle mich anpumpen, aber dem war nicht so.
Aber von Anfang an :
Sebastian hatte einen Kunden aus dem Wirtschaftsministerium in Kairo, von welchem er wusste, dass dieser in Kürze einen Auftrag in beträchtlicher Höhe vergeben würde. In Ägypten sollten ein Teil der Telefonleitungen ausgetauscht werden. Ein solches Geschäft würde Sebastian wieder nach oben spülen.
Er hoffte, wenn er seiner Hausbank einen solchen Auftrag vorlegen würde, dann wäre die Bank bereit, die erforderlichen Mittel vorzustrecken. So hatte der Kundenberater seiner Hausbank durchklingen lassen..
Diesen ägyptischen Kunden hatte Sebastian vorher schon einige Zeit bearbeitet, um den Auftrag zu ergattern, hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt und mit seinen Verbindungen geprahlt, welche er hier in Deutschland hätte, hatte aber bisher keinen Erfolg bei dem Ägypter verbuchen können.
Überraschenderweise kündigte der massgebliche Politiker sein Kommen an, da er mit einer Wirtschaftsdelegation Berlin besuche und bereit sei, sich mit Sebastian im Restaurant des Adlon zum Mittagessen zu treffen.
Er erwähnte wie nebenbei, dass er hoffe, Sebastian hätte tatsächlich so gute Verbindungen zu verschiedenen Grössen aus Film, Funk und Fernsehen, damit das Mittagessen angenehm und erfolgreich verlaufen würde.
Sebastian war geschockt. Er kannte natürlich niemanden, von ein paar Hertha-Fussballern einmal abgesehen.
Aber er glaubte, aus dem Telefonat herausgehört zu haben, dass dies ein ziemlich wichtiger Punkt für den Ägypter war.
Da Sebastian finanziell mittlerweile das Wasser schon in den Unterkiefer floss, verfiel er in seiner Panik auf eine abstruse Idee:
Er wusste aus der Presse, dass sich häufig einer der bekanntesten deutschen Fernsehstars, nämlich ein Thomas Gottschalk, zum Mittagessen im Adlon aufhielt.
Sebastian kratzte seine letzten Taler zusammen, nahm sein Herz in die Hand und suchte Gottschalk im Adlon auf.
Er habe hier 30.000,00 DM, wäre ganz verzweifelt und sähe seine letzte Chance darin, dass Gottschalk, wenn Sebastian mit dem ägyptischen Ministerialdirigenten zum Essen im Adlon weilte, an seinen Tisch käme und ihn per Handschlag und mit Vornamen begrüssen würde.
Dies würde Sebastian in den Augen seines Gastes wichtig erscheinen lassen usw.usw.
Es wäre eine Sache von ein bis zwei Minuten, die er mit einem Honorar von eben diesen 30.000,00 DM zu begleichen gedächte.
Gottschalk liess sich - nicht zuletzt wegen Sebastians flehendem Blick - auf den Handel ein.
Sie verabredeten sich darauf, dass Gottschalk Donnerstag Mittag Punkt 13:30 Uhr Sebastians Tisch aufsuchen würde.
Jetzt kam ich ins Spiel :
Ich sollte mich ebenfalls - natürlich auf meine Kosten - im Adlon aufhalten. In dem Moment, in welchem ich sähe, dass Gottschalk aufstände, um zu Sebastians Tisch zu gehen, sollte ich Sebastian auf seinem Handy anrufen und so tun, als wäre ich ein Kunde, der über eine Lieferung verhandeln wolle.
Wichtig wäre eben der Zeitpunkt. Alles andere sollte ich ihm überlassen.
Zum angegebenen Zeitpunkt sassen alle Protagonisten auf den Plätzen: Sebastian mit dem Ägypter in einer Nische, Gottschalk und seine Vasallen an einem grossen Tisch ziemlich im Zentrum des großen Restaurantes und ich an der Bar, von welcher ich einen guten Überblick hatte.
Als Gottschalk punkt halb Zwei aufstand, drückte ich die Wahlwiederholung meines Handys und hatte Sebastian sofort an der Muschel.
Wir plauderten nur sehr kurz, da stand Gottschalk auch schon an seinem Tisch. Der Ägypter erkannte Gottschalk sofort und wurde ganz nervös.
Den folgenden Dialog habe ich durch das Handy mitbekommen, und ich schwöre Stein und Bein, dass er sich genau so abgespielt hat :
Gottschalk ( Sebastian auf die Schulter klopfend ):
“Hallo Sebastian, Dich habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen”
Sebastian machte nur eine kurze Handbewegung und sprach weiter mit mir.
Gottschalk ( Sebastian noch einmal vor die Schulter stossend ):
“Mensch, hast Du keine Lust, mich am Wochenende zu besuchen? Wir machen eine Riesenparty. Jauch und Krüger kommen auch”
Sebastian: “Moment, Moment” und sprach weiterhin ins Handy, als würden wir ein wer weiss was für wichtiges Gespräch führen.
Gottschalk wollte für seine 30-tausend Emmchen was tun, begrüsste den Ägypter und wandte sich wieder an Sebastian, um nochmals etwas zu sagen.
In diesem Moment dreht sich Sebastian um, sieht Gottschalk an und sagt mit erhobener Stimme :
"Tommi, Du bist eine Nervensäge. Verschwinde endlich. Siehst Du nicht, dass ich telefoniere?"
Gottschalk guckt ihn an wie ein Auto, dreht sich um und trollt sich.
Der Ägypter war sichtlich beeindruckt.
Sebastian erhielt den Auftrag.
Bei Gottschalk hat er sich hinterher entschuldigt. Der war begeistert von dieser Chupze.
Heute geht es Sebastian wieder gut.
Und da ich ihm jetzt nicht mehr helfen muß, lege ich mich hin

Eckhard