Frage
Jede Begegnung kann ein Anfang sein
- Sophie
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Hier mal ein kurzes Beispiel für Distanzlosigkeit, dass ich seit dem Interview mit Raul Krauthausen besser verstehe

Warum ich das jetzt verstehe? Na ist doch klar, ich bin blond!

LG Sophie
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- Matti
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ich bin seit langen ein "Fan" von Raul Krauthausen. Raul ist der Mann im zweiten Video.
Ich wollte eigentlich einen langen Text schreiben, welches "Trainingslager" mein Leben ist.
Raul hat dies in seinem Blog aber, obwohl man annehmen der folgend verlinkte Beitrag hätte mit diesem Thema nur bedingt etwas zu tun, so wunderbar beschrieben, dass ich einfach das Lesen empfehle und dadurch auch meine Sichtweise darstelle.
raul.de/leben-mit-behinderung/das-ein-tag-im-rollstuhl-problem/
Matti
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- Johannes1956
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danke für den Link. Es ist ein guter Text, der zum Nachdenken anregt. Auch die kritische Frage, inwieweit derartige Aktionen wie "ein Tag im Rollstuhl", der dann auf eine kurze Zeit zusammengestutzt wird, zum Verständnis oder gar zum Weg einer gesellschaftlichen Inklusion beiträgt, oder sogar Exklusion fördert, finde ich interessant.
Ich stimme dem auch teilweise zu. Es gibt ja den "Dialog im Dunkeln", wo man ca eine Stunde mit Blinden durch deren Welt in einer Art Erlebniswelt geht. Nach einer Stunde geht man raus und denkt sich, wie gut, dass ich sehen kann. Das wurde dann erweitert mit Essen im Dunkeln und das ist dann so eine Art Disney Erlebnisshow geworden. Da gibt es Menschen, die loben sich selbst, dort gewesen zu sein, das wars dann aber auch.
Andererseits entsteht viel Unveständnis einfach durch Unwissen und damit verbundener Gedankenlosigkeit, auch, weil behinderte Menschen, genau so wie alte Menschen, gesellschaftlich separiert werden.
Gut, es gibt zunehmend in den Schulen Integrationsklassen. Aber Integration ist noch weit entfernt von Inklusion. Und das beginnt schon bei ganz anderen Verständnisfragen, z.B. im öffentlichen Raum. Autofahrer, öffentliche Verkehrsmittel, Radfahrer, Fussgängerr. Alle gegeneinander. Selbst da gibt es keinerlei Inklusion, da bleibt der Rollstuhlfahrer einfach auf der Strecke.
Was gab es für Aufregung in Wien, als die Mariahilferstarsse zur Begegnunszone aller Verkehrsteilnehmer deklariert wurde! Jeder gegen jeden!
Mir haben die Tage in Berlin in Begleitung mit Dir ein Stück Verständnis gebracht, das ich vorher nicht hatte. Ist vielleicht besser, als selbst einen Tag im Rollstuhl durch Berlin zu fahren, um nachher wieder froh zu sein, selbst gehen zu können.
Johannes
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- Matti
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ich freue mich über die rege Diskussion mit dir. Ich bin heute über einen interessanten Artikel gestolpert (hab ihn überrollt

An den Rollstuhl gefesselt
Auch wenn die Vorstellung, Rollstuhlfahrende seien „gefesselt“, absurd scheint – dieser Ausdruck ist immer noch nicht aus der Welt. Und mit ihm lebt ein Bild von Passivität, Ohnmacht und Hilflosigkeit weiter. Das macht auch die abgeschwächte Form „an den Rollstuhl gebunden“ nicht besser. Dabei befinden sich Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer gar nicht permanent im Rollstuhl, sitzen zum Beispiel auch mal auf dem Sofa oder laufen (!) auf Krücken herum. Der „Rolli“ bedeutet für viele genau das Gegenteil von „Gefesselt-Sein“: Er ermöglicht Bewegungsfreiheit und Teilhabe.
„Schäuble, der zuvor jede Minute seiner Freizeit mit Tennis, Fußball oder Laufen verbrachte, bleibt mit einer Querschnittslähmung ab dem dritten Brustwirbel abwärts, für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt.“
(„Attentat auf Wolfgang Schäuble. Der blutige Wahlkampf“, Spiegel Online, 18.11.2009)
„Im Stadion sitzt sie mittendrin. Claudia Neun ist an den Rollstuhl gefesselt. Die Spiele der Eintracht Frankfurt lässt sich die Vorsitzende des Fanclubs „Ohne Grenzen“ trotzdem fast nie entgehen.“
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.1.2011)
Alternative: Statt gefesselt zu sein „nutzen“, „benutzen“ oder brauchen Rollstuhlfahrende einen Rollstuhl, „sitzen“ in ihm, sind „auf ihn angewiesen“ oder sind einfach mit ihm „unterwegs“. Falls Sie doch mal einen Menschen treffen sollten, der an einen Rollstuhl gefesselt ist – binden Sie ihn sofort los!
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Matti
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- Sophie
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ich hab da auch noch einen....
Mein Chef stand immer sehr hinter mir und wollte mit einer Bescheinigung irgendeinen Antrag erleichtern.
Sein Wortlaut: "Frau xxx, die rollstuhlbehindert ist, ....."
Ich war froh, es mit meinem Lachanfall noch bis nach draußen geschafft zu haben, denn er hatte es doch so gut gemeint

LG Sophie
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- Matti
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- Vereinsvorstand
solche Erlebnisse kennen wohl die meisten Menschen mit Behinderung. Ist die Behinderung offensichtlich kann man immer wieder kurioses erleben.
Erst heute Vormittag wieder hatte ich ein solches Erlebnis. Vor unserem örtlichen Supermarkt stand die ASB (Arbeiter Samariter Bund) und quatschte wirklich jeden der den Supermarkt betrat an. Mich nicht! Ich war mit dem E-Rolli unterwegs und hatte ganz offensichtlich auf meiner Stirn geschrieben: "Ohne meinen Betreuer kann ich eh nicht antworten und schon gar nicht entscheiden". Da Zeit Geld zu sein scheint, wurde ich nicht als Objekt der Begierde identifiziert.
Im Supermarkt gab es heute diverse Stände mit Verköstigung. Auch dort wurden die meisten Kunden angesprochen. Ich wiederrum nicht. Hier kann man sehr deutlich erkennen, welche Berühungsängste offenbar vorhanden sind. An einem Weinstand habe ich schon mehrmals erlebt, wie der Standberater wohl hin und her überlegte, ob "der Entmündigte" den eigentlich Alkohol trinken darf.
Ich erlebe dies sogar, wenn ich mit der EC-Karte zahlen will und deutlich verstärkt wenn ich meine VISA Karte zücke. Ein Behinderter mit Visakarte scheint für nicht wenige unvorstellbar.
Vor einigen Jahren habe ich einmal einen Fernseher gekauft. Ich hatte eine Dame von der Pflege in Dienstkleidung dabei, weil sie mir beim Transport helfen sollte und zudem über ein passenden Fahrzeug verfügte. Noch einmal, ich wollte diesen Fernseher kaufen. Der Verkäufer hat dies völlig ignoriert und maximal über mich und mein Begehren mit meiner vermeintlichen Betreuerin gesprochen. Der Kaufvertrag auf meinen Namen sprengte das ganze dann noch in der Vorstellungskarft des "guten" Mannes.
So etwas erlebe ich aber oft, wenn ich in Begleitung bin. Da wird auch hin und wieder gar nicht mehr wahrgenommen, dass ich ein geschäftsfähiger erwachsener Mensch bin. "Er" (es wird von und nicht mit mir gesprochen) kann dann dies und jennes damit mchen und die Bedienung des Gerätes ist auch ganz einfach...
Ich könnte noch lange Geschichten aus meinem Leben niederschreiben...
Matti
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- Ano
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Ich hab mir den Link angeschaut und auch den Blog von Raul Krauthausen - bin noch lange nicht fertig damit, es gibt viel zu schauen und zu lesen. Hab mir auch das youtube-Video von Krauthausen+Hirschhausen angeschaut.
Aber die Seite von Raul Krauthausen, die da lautet "Zur Person",
dazugehörig ein kurzes Video, in dem er sich vorstellt. Die hat mir bis jetzt am besten gefallen.
Besonders sein Satz
Zitat:
hat mich sehr angesprochen. Es lohnt sich, diese Seite durchzulesen und das Video anzuschauen: KlickDie Behinderung ist nur eine Eigenschaft von vielen und nicht die prägende und beherrschende.
Dann hab ich erfahren, dass er auch ein Buch geschrieben hat mit dem Titel:
Dachdecker wollte ich eh nicht werden
Sein Humor und seine Art gefällt mir sehr. Sympathischer, pfiffiger und sehr intelligenter Mann.
Seine Idee der Wheelmap ist einfach genial und hat einen irren Zulauf.
Wheelmap ist eine Online-Karte zum Suchen, Finden und Markieren rollstuhlgerechter Orte.
Jeder kann mitmachen! → Klick
Danke für Deinen Hinweis auf ihn, lieber Matti.
Ich kann gut nachvollziehen, dass Du ein großer Fan von Raul Krauthausen bist.
LG, Ano
Edit:
Ich hab auf Wheelmap gleich mal unser Gästehaus Reichwein in Berlin gesucht und gefunden. Es ist als voll rollstuhlgerecht eingestuft. Nur bei den WC's war noch nichts angehakt. Das hab ich jetzt nachgeholt.
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