Extraurethraler Harnverlust
Leiden Sie unter unwillkürlichem Harnverlust durch unübliche Harnwege?
Diese Form der Inkontinenz, extraurethrale Inkontinenz, kann Ihr tägliches Leben erheblich beeinflussen. Sie tritt auf, wenn der Harn durch andere Wege als die Harnröhre austritt, was zu unkontrolliertem Harnverlust führt. Ursachen können Fisteln, kongenitale Fehlbildungen oder Operationen im Bereich der Harnwege sein. Auch Verletzungen und Bestrahlungen können extraurethrale Inkontinenz auslösen.
Symptome, Ursachen, Diagnostik und Behandlung

Symptome der extraurethralen Inkontinenz
Die Symptome der extraurethralen Inkontinenz können sehr belastend für die Betroffenen sein und sind oft mit sozialer und emotionaler Beeinträchtigung verbunden. Es handelt sich hierbei um eine unkonventionelle Form des Urinverlusts, der unabhängig von der regulären Blasen- und Schließmuskelfunktion auftritt. Zu den Hauptsymptomen zählen:
- Urinabgang aus einer nicht natürlichen Öffnung: Dies ist das deutlichste Anzeichen für eine extraurethrale Inkontinenz. Es kann dazu führen, dass Urin beispielsweise aus der Vagina (bei Frauen) oder aus einer Region nahe dem Becken ausgeleitet wird.
- Dauerhafte Feuchtigkeit der Kleidung: Personen, die von dieser Art der Inkontinenz betroffen sind, stellen fest, dass ihre Unterwäsche oder Kleidung ständig nass ist, ohne dass ein normaler Toilettengang stattgefunden hat.
- Nicht wahrnehmbarer Drang zu urinieren: Im Gegensatz zu anderen Formen der Harninkontinenz wird der Urinverlust in der Regel nicht von einem Harndrang oder einem Gefühl der vollen Blase begleitet. Der Urinabgang erfolgt oft unbemerkt, bis Nässe wahrgenommen wird.
- Konstante Symptomatik oder situationsspezifische Episoden: Einige Patienten erleben ständiges Tröpfeln oder einen kontinuierlichen Urinfluss, während andere nur Situationen benennen können, in denen die Symptome auftreten - wie beim Aufstehen, Laufen oder während körperlicher Anstrengung.
- Anzeichen einer Harnwegsinfektion: In manchen Fällen können Symptome einer Harnwegsinfektion bestehen, wenn infolge einer Fistel Bakterien in die Blase gelangen.
Da diese Symptome mit einer signifikanten Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergehen können, ist es wesentlich, bei Verdacht auf eine extraurethrale Inkontinenz professionelle medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um eine korrekte Diagnose zu stellen und geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu erörtern.
Ursachen der extraurethralen Inkontinenz
Die extraurethrale Inkontinenz ist im Wesentlichen durch Urinabgang entlang eines abnormalen Weges charakterisiert, der sich außerhalb der Harnröhre befindet. Diese pathologische Erscheinung kann durch verschiedene Umstände verursacht werden, von denen einige nachstehend aufgeführt sind:
- Fistelbildungen: Dies sind abnorme Verbindungen zwischen der Blase und einem anderen Organ oder der Haut. Am häufigsten sind vesikovaginale Fisteln (zwischen Blase und Vagina) bei Frauen oder vesikokutane Fisteln (zwischen Blase und Haut). Fisteln können als Komplikation nach Operationen, insbesondere nach gynäkologischen oder urologischen Eingriffen, auftreten. Geburtsverletzungen stellen ebenfalls ein Risiko dar, insbesondere nach langen oder komplizierten Entbindungen.
- Chirurgische Eingriffe: Operationen im Beckenbereich, wie etwa eine Hysterektomie, Prostataentfernung oder Darmoperationen, können unbeabsichtigt zu einer Schädigung von Teilen des Harntraktes führen, was die Entwicklung von Fisteln begünstigt.
- Traumata: Verletzungen, die durch Unfälle oder invasive medizinische und diagnostische Maßnahmen hervorgerufen werden, können zu einer extraurethralen Inkontinenz führen.
- Bestrahlungstherapie: Die Behandlung von Krebserkrankungen im Beckenbereich mit Bestrahlung kann das umliegende Gewebe schädigen, was letztendlich zur Fistelbildung führen kann.
- Angeborene Fehlbildungen: In seltenen Fällen können abnorme Verbindungen auf Grundlage genetischer Defekte von Geburt an vorhanden sein.
- Schwere Blasenentzündungen: Eine ausgeprägte Entzündung des Blasengewebes kann die Wand der Blase schwächen und gegebenenfalls ihre Integrität so weit beeinträchtigen, dass Fisteln entstehen können.
Da die Ursachen der extraurethralen Inkontinenz vielfältig und komplex sind, ist eine sorgfältige Diagnose durch Spezialistinnen und Spezialisten entscheidend, um die richtige Behandlung einleiten zu können.
Diagnostik
Die Diagnosestellung bei Verdacht auf extraurethrale Inkontinenz ist ein mehrstufiger Prozess, der darauf abzielt, die Ursachen festzustellen und die bestmögliche Behandlungsstrategie zu entwickeln:
Anamnese: Zunächst führt der Arzt oder die Ärztin ein ausführliches Gespräch mit der betroffenen Person, um die Symptome zu verstehen und medizinische Vorgeschichten, insbesondere frühere Operationen, Verletzungen oder Bestrahlungstherapien, zu erfassen.
Körperliche Untersuchung: Die körperliche Untersuchung konzentriert sich auf die Entdeckung von nassen oder feuchten Stellen sowie möglicherweise auf die sichtbare Identifizierung der Stelle, aus der der Urin auszutreten scheint. Bei Frauen kann insbesondere eine gynäkologische Untersuchung Hinweise auf vesikovaginale Fisteln geben.
Zystoskopie: Bei dieser endoskopischen Untersuchung wird ein dünnes Instrument mit einer Kamera (Zystoskop) in die Harnröhre eingeführt, um die Blase und die Harnröhre von innen zu betrachten. Dieser Vorgang ermöglicht es, Fistelöffnungen oder andere Anomalitäten innerhalb des Harntrakts zu visualisieren.
Farbstoff-Tests (Dye Test): Zur genaueren Diagnostik kann ein Farbstoff wie Methylenblau oder Indigokarmin über einen Katheter in die Blase eingeführt werden. Anschließend wird beobachtet, ob und wo der Farbstoff außerhalb der regulären Harnwege austritt, was auf die Existenz und Position einer Fistel hinweist.
Bildgebende Verfahren: Radiologische Untersuchungen wie Ultraschall, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) können zusätzlich eingesetzt werden, um die Strukturen des Beckenbereichs und mögliche Fisteln besser darzustellen.
Fistulografie: Diese Spezialuntersuchung wird manchmal verwendet, um den genauen Verlauf einer Fistel zu kartieren. Dabei wird ein Kontrastmittel in die vermutete Fistelöffnung injiziert und mithilfe von bildgebenden Techniken wird der Pfad des Kontrastmittels verfolgt.
Sobald die Diagnose bestätigt ist, kann ein individueller Behandlungsplan erstellt werden, der sowohl auf die Art der Fistel als auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand und die individuellen Bedürfnisse der betroffenen Person abgestimmt ist.
Behandlungsmöglichkeiten
Wenn die Diagnose einer extraurethralen Inkontinenz gestellt ist und die Ursachen klar definiert sind, zielt die Behandlung darauf ab, die abnorme Verbindung zu schließen und damit den ungewollten Urinabgang zu stoppen. Nachstehend sind die hauptsächlichen Behandlungsoptionen aufgeführt:
Konservative Behandlung: In seltenen Fällen, besonders wenn eine Fistel klein ist und keine bedeutenden Symptome verursacht, kann ein konservativer Ansatz vorgezogen werden, in der Hoffnung, dass die Fistel möglicherweise von allein heilt. Dies kann durch Kontrolle von Infektionen, die Reduzierung von Entzündungen und durch eine Verringerung des Drucks auf die betroffene Stelle durch eine optimierte Flüssigkeitsaufnahme erreicht werden.
Chirurgische Behandlung: Die Mehrheit der extraurethralen Inkontinenzfälle erfordert jedoch operative Eingriffe, um die Fistel zu reparieren. Zu den chirurgischen Optionen gehören:
- Transvaginale oder transabdominale Fistelreparatur: Diese Techniken werden je nach Art und Lage der Fistel gewählt. Dabei wird die Fistel freigelegt, das umgebende Gewebe gereinigt und die Öffnung anschließend geschlossen.
- Flap-Technik: Manchmal wird Gewebe aus der Umgebung (Flap) verwendet, um die Fistel zu bedecken und zu verstärken, um die Heilungschancen zu verbessern.
- Spannungsfreie Verschluss-Techniken: Um das Risiko eines Wiederauftretens der Fistel zu minimieren, können Techniken verwendet werden, die Druck von der reparierten Stelle nehmen.
- Interposition von Gewebe: Hierbei wird Gewebe zwischen Blase und Vagina (oder einer anderen betroffenen Stelle) eingesetzt, um zu verhindern, dass sich eine neue Fistel bildet.
Ernährungsumstellung und Vermeidung von belastenden Aktivitäten: Um den Heilungsprozess nach einer Operation zu unterstützen, können Ernährungsanpassungen und die Vermeidung von schwerem Heben und anderen Aktivitäten, die Druck auf das Becken ausüben, empfohlen werden.
Katheter-Diversion: In Situationen, bei denen ein operativer Fistelverschluss nicht möglich oder nicht erfolgreich ist, kann eine Harnumleitung (z.B. eine Urostomie) in Betracht gezogen werden. Hierbei wird der Urin über einen alternativen Weg aus dem Körper geleitet.
Folgen und Überwachung: Nach einer Operation zur Fistelreparatur wird in der Regel eine enge medizinische Überwachung einhergehen, um den Heilungsfortschritt zu überprüfen und sicherzustellen, dass sich keine neuen Fisteln bilden.
Die einzelnen Behandlungsoptionen müssen individuell angepasst werden und erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen Patientinnen/Patienten und ihrem medizinischen Team, einschließlich Urologen, Gynäkologen und eventuell auch plastischen Chirurgen.
Extraurethrale Inkontinenz stellt sowohl für Betroffene als auch Ärzte eine Herausforderung dar. Eine frühzeitige und genaue Diagnose ist entscheidend, um eine angemessene Behandlung einleiten zu können. Die Prognose hängt von dem Erfolg der Behandlung der zugrundeliegenden Ursache ab, aber viele Patienten können durch eine fachgerechte Versorgung eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität erreichen. Wer Symptome einer extraurethralen Inkontinenz bemerkt, sollte nicht zögern, ärztlichen Rat einzuholen.