Hallo Matti
Erst einmal vielen herzlichen Dank für deine detaillierten Ausführungen! Sie haben mich zum Nachdenken gebracht und ich habe all die Berichte der letzten Jahre nochmals studiert und mir die ganze Geschichte seit Beginn der Inkontinenz vor bald 10 Jahren durch den Kopf gehen lassen.
Nach dieser Zeit noch herauszufinden, was denn schliesslich dazu geführt hat, dürfte heute wahrscheinlich schwierig sein. Da hätte man vermutlich zeitnah nach der Operation, bzw. beim Einsetzen des Harnverlustes (nach Abklingen der Hämatome im Bauchraum) Untersuchungen machen müssen. Was bei deiner Aufzählung der mögliche Ursachen gut zutreffen könnte, sind die «Präexistierenden Bedingungen». Schon vor der OP war ich ein eher fleissiger Toilettengänger, aber ich sah darin kein grosses Problem und ein Harn- oder gar Stuhlverlust war nie ein Thema. Es könnte also durchaus sein, dass die Veränderungen im Bauchraum zur Inkontinenz führten. Für kurze Zeit nach der Operation verlor ich nur wenig Urin, so dass Einlagen reichten, aber bald benötigte ich saugfähigere Hilfsmittel.
Nähere Untersuchungen wurden in den ersten Jahren keine gemacht. Mein damaliger Hausarzt verordnete mir Physiotherapie mit Beckenbodentraining und Medikamente wie «Spasmo-Urgenin Neo», sowie «Betmiga» 25mg, später 50mg. Die Wirkung der Medikamente war bescheiden, die Nebenwirkungen dafür umso mehr (Mundtrockenheit und Kopfschmerzen). Wir setzten deshalb die Medikamente wieder ab. Das Beckenbodentraining führte ich über längere Zeit oft mehrmals täglich durch – im Liegen, Stehen, Sitzen, Gehen –, aber auch damit war kaum Verbesserung spürbar.
Bis vor fünf Jahren war ich von Harnverlust in der Nacht grösstenteils verschont geblieben. Aber nach einem stressbedingten Zusammenbruch am Arbeitsplatz mit epileptischen Anfällen und Lähmungserscheinungen rechtsseitig, die zum Glück nach wenigen Tagen in der Klinik wieder verschwanden, verlor ich auch nachts grössere Mengen Urin im Schlaf oder Halbschlaf. Wenn nicht, reichte es mir meist nicht mehr zur Toilette. Das begann schon in der Klinik. Als dann einige Monate später auch noch Stuhlverlust mit der gleichen Symptomatik einsetzte, meldete mich meine neue Hausärztin schliesslich bei der Urologie, Gastroenterologie und Neurologie an. Die fachärztlichen Untersuchungen zogen sich über mehr als anderthalb Jahre hin. Ich hoffe, ich habe in der folgenden Aufzählung nichts vergessen:
Urologie:
- Beckenboden, neurologisch; Funktionstests
- Sonographie der Harnwege
- Uro-radiologische Untersuchung der Blase und der Harnwege
- Urodynamische Untersuchung, Uroflowmetrie
Gastroenterologie:
- Darmspiegelung, zweimal
- Rektumsmanometrie
Neurologie:
- MRI des Beckenraums und der ganzen Wirbelsäule
In der Urologie wurde mir Detrusorhyperaktivität und Dranginkontinenz diagnostiziert. In der Gastroenterologie wie in der Neurologie wurden keine Auffälligkeiten entdeckt, die auf eine Ursache der Inkontinenz hinwiesen.
Therapeutisch habe ich schon einiges versucht, mit mässigem oder keinem Erfolg. Monatelang habe ich in der Untersuchungszeit mit Medikamenten und deren Kombinationen getestet (Solifenaycin, Betmiga, Kentera-Pflaster), ohne Erfolg. Es wurden mir schliesslich Botox-Injektionen, allenfalls ein Blasenschrittmacher nahegelegt. Dies habe ich bisher abgelehnt. Wenn Botox das Problem dauerhaft beseitigen würde, hätte ich kein Problem damit. Aber die Aussicht, nach nicht einmal einem Jahr diese Prozedur jeweils wiederholen und dann, bis die Wirkung eintritt, trotzdem Hilfsmittel tragen zu müssen, oder ich im schlechtesten Fall monatelang auf ISK zurückgreifen müsste, schreckten mich bisher ab. Ausserdem würde das ja kaum gegen eine Stuhlinkontinenz helfen. Mit dieser habe ich seit meiner Ernährungsumstellung und damit einhergehende Gewichtsabnahme zum Glück kaum mehr ein Problem, ist aber dafür, wie ich kürzlich feststellen musste, heimtückischer geworden, da ich seit einigen Monaten keinen regelmässigen Stuhlgang mehr habe.…
Die Biofeedback-Technik kenne ich nicht. Vielleicht wäre das noch etwas …? Ich werde mir jedenfalls nochmals Gedanken machen und mit meiner Hausärztin bei Gelegenheit das Gespräch suchen.
Falls jemand aus dem Forum Fragen hat, bin ich gerne bereit, diese zu beantworten. Es scheint aber, wie du sagst, wirklich eine seltene Komplikation zu sein …
Nochmals herzlichen Dank für deine Arbeit und liebe Grüsse
Markus