Hallo,
so langsam stelle ich mir die Frage wo dies noch alles hinführt.
Nun, der Reihe nach. Als Schwerbehinderter Rollstuhlfahrer mit hoher Pflegestufe konnte ich bislang (2011) jedes Jahr eine pauschale Genehmigung für Fahrten mit einem rollstuhlgerechten Fahrdienst (Beispiel Johanniter) von meiner Krankenkasse (DAK) erhalten. Diese Genehmigung bezog sich sowohl auf ambulante Arzttermine, wie auch für Fahrten zur stationären Behandlung. Theoretisch hätte ich auch Fahrten zu meiner Physiotherapeutin damit genehmigt gehabt.
Der behandelnde Arzt musste ausschließlich eine Verordnung einer Krankenbeförderung ausstellen.
In der nächsten Woche muss ich zu einer stationären Behandlung. Aus diesem Grund habe ich mir wie gewohnt bereits jetzt eine oben genannte Verordnung ausstellen lassen. Bei der Reservierung einer Fahrt bei den Johannitern für die nächste Woche, erhielt ich die Auskunft, dass die Fahrt zunächst von der DAK genehmigt werden müsse.
Ein Anruf bei der für mich zuständigen DAK-Geschäftsstelle ergab, dass für eine Genehmigung zunächst die Verordnung des Arztes vorliegen müsse. Auch im 21 Jahrhundert soll es Menschen ohne Fax geben. Diese technischen Geräte werden aber heute anscheinend bei der Planung solcher Genehmigungsverfahren als Standard vorausgesetzt.
Der sichtlich bemühte Mitarbeiter der DAK konnte mir so jedenfalls nicht weiterhelfen. Er müsse mit den Johannitern erst einmal Kontakt aufnehmen. Ein Rückruf würde Morgen erfolgen.
Auf meine Nachfrage, ob denn dies für Fahrten zur ambulanten Behandlung, jetzt jedes Mal ein einzelnes Genehmigungsverfahren bedeuten würde, erhielt ich die Antwort: "Pauschale Genehmigung gibt es nicht mehr. Es müsse im Einzelfall entschieden werden. Bei wiederkehrenden Fahrten, beispielsweise zum Hausarzt, könne eine Genehmigung ausschließlich für diese Fahrten, erteilt werden".
In der Praxis bedeutet dies, dass ich auf jeden Fall einen Vorlauf von einigen Tagen benötige, "spontane" Krankheiten (und Behandlungen) sind somit ausgeschlossen. Selbstverständlich kann ich in Vorleistung treten, was mir aufgrund meiner wirtschaftlichen Situation aber nicht immer möglich sein dürfte.
Seit Anfang düsen Jahres zahle ich 66 Euro im Monat als wirtschaftliche Zuzahlung für meine Inkontinenzhilfsmittel. Als Diabetiker zahle ich zudem ca. 30 Euro im Monat für meine Teststreifen, die nicht mehr Verordnungsfähig sind.
Geteilt durch das Kalenderjahr zahle ich zudem 15 Euro monatlich als Eigenanteil für die gesetzliche Zuzahlung (Medikamente, Rezeptgebühr usw.).
Meine Behinderung kostet mich also ca. 111 Euro an Zuzahlungen im Monat! Bislang hatte ich auch noch 8 Euro/Monat Zusatzbeitrag gezahlt, der aber jetzt wegfällt. Dies ist nur der Durchschnitt eines Monats. Konkret kann dies auch einaml ganz anders aussehen:
66 Euro Inkontinenzhilfsmittel, 10 Euro Praxisgebühr, 10 Euro Eigenanteil Behandlungspflege, 25 Eigenanteil/Gesetzliche Zuzahlung Medikamente, Augenärztliche Untersuchung 24 Euro, Eigenanteil Krankenhaus 14 Tage a 10 Euro (TV und Telefon einmal nicht mitgerechnet), 78 Euro Eigenanteil Physiotherapie, 70 Euro Eigenanteil Ergotherapie, 30 Euro Blutzuckerteststreifen.
Macht Zusammen: 453 Euro in einem Monat! 333 Euro werden erstattet bzw. verechnet mit der jährlichen Zuzahlungsgrenze. 453 Euro müssen aber erst einmal vorhanden und gezahlt werden, bevor irgendwetwas verechnet werden kann.
111 Euro sind fast 15% meines monatlichen Netto-Einkommens. Daraus lässt sich schließen, dass ich mir meine Krankheit und die daraus entstandene Behinderung rein wirtschaftlich nicht mehr leisten kann. So traurig es auch ist, man könnte es auch anders ausdrücken: Ein solch umfangreiches ehrenamtliches Engagement muss von mir überdacht werden, weil der Tag nur 24 Stunden hat und zwangsläufig einige Stunden am Tag Geld erwirtschaftet werden muss. Wie weiß ich allerdings auch noch nicht.
Im Gegenzug dazu lese ich, dass die Kassen einen Milliardenüberschuss im letzen Jahr erwirtschaftet haben. Es wird nun trefflich darüber gestritten, ob die Mehreinnahmen an die Beitragszahler zurückgezahlt, ein Finanzpolster angelegt, oder unser rollstuhlfahrender Finanzminister damit Haushaltslöcher stopft.
Weil man sich bisher auf keine Lösung verständigen konnte, wird jeztz laut darüber nachgedacht, die bestens organisierte Präventionsmassnahmen, beispielsweise Rückenschule, autogenes Training usw., welches bisher ohne große Mehrkosten durch die Kassen selbst organisiert wurde, in die Hände der Ärzteschaft zu geben, welche natürlich die Leistung vergütet bekommen. So kann man letzendlich auch die Mehreinnahmen verteilen und sichert sich noch ganz nebenbei die ein oder andere Stimme des Wahlvolkes als Klientelpartei.
Matti