Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.
Gleiche Chancen im OP
Berlin. Unverschuldet büßen jedes Jahr Tausende von Frauen einen großen
Teil ihrer Lebensqualität ein: Während in einigen Kliniken bei 90% der
Brustkrebs-Operationen die Brust komplett entfernt wird, liegt diese Zahl
andernorts bei nur 30%. Ähnliches gilt für die Entfernung der Gebärmutter:
Mit neuesten medizinischen Verfahren lassen sich nicht nur große
Narben vermeiden, sondern eigentlich müssten sich für viele Frauen sogar
Krebsoperation und Kinderwunsch nicht mehr zwangsläufig ausschließen.
Oder nehmen wir die INKONTINENZ, die trotz etwa sechs Millionen Betroffener in Deutschland noch immer als Tabuthema gilt. Wie ziellos das Problem oft angegangen wird, wird allein schon daran deutlich, dass sich nirgends in Europa so viele Betroffene mit Vorlagen behelfen müssen wie hierzulande. Dabei könnten deutlich weniger dieser teuren Vorlagen verbraucht werden, wenn beispielsweise mehr Schlüsselloch-OPs zum Einsatz kämen, die vor allem bei der BelastungsINKONTINENZ effektive Behandlungen ermöglichen.
Da es für die verschiedenen Formen der INKONTINENZ die unterschiedlichsten
Ursachen gibt, ist eine fundierte Diagnostik hier absolut entscheidend für
eine gezielte, erfolgreiche Behandlung.
'Wenn unsere Medizin bei diesen innovativen Verfahren ihren Vorsprung
in Europa ausbauen will, sind weiterhin große Anstrengungen bei der
Weiterbildung und in der Qualitätssicherung erforderlich', betont Dr. Holger
Dieterich, Präsident des Ärztekongresses 'Forum Operative Gynäkologie'
(FOG), der vom 17. bis 19. November in Berlin diese medizinischen
Herausforderungen nicht nur theoretisch diskutierte, sondern neue
Lösungen auch mit Live-Operationen praktisch demonstrierte. Deutlich wurden dabei unter anderem die großen Fortschritte bei der so genannten 'Schlüsselloch-OP' - Ärzte sprechen von 'endoskopischen' oder 'minimal-invasiven' Verfahren. Immer mehr operative Eingriffe lassen sich mit den neuen Techniken ambulant behandeln, mit kürzerer Narkose und geringerem Risiko, kleineren Narben und schnellerer Heilung sowie nicht zuletzt auch mit deutlich niedrigeren Kosten für das Gesundheitssystem.
Anhand von Live-Operationen, übertragen aus der Universitäts-Frauenklinik
Tübingen, wurde am ersten Kongresstag demonstriert, wie Operationswunden inzwischen nicht mehr mit vielen Fäden aufwändig vernäht werden müssen, sondern sozusagen 'verschweißt' werden können. Für die Patientin bedeutet dies später deutlich weniger Schmerzen.
Wie groß die Unterschiede beim medizinischen Angebot der einzelnen
Kliniken in Deutschland sind, zeigt das Beispiel Brustkrebs: 'Wenn je nach
Klinik zwischen 10% und 70 % aller Brustkrebs-Operationen
brusterhaltend durchgeführt werden, entscheidet nicht mehr allein die
Diagnose über den Behandlungsweg der Frau, sondern leider auch die
Auswahl der Klinik', kritisiert Dr. Dieterich. Unabhängigen Studien zufolge
führen zirka 35 Prozent aller Brust-Operationen zu unbefriedigenden
Ergebnissen, was oft schwerste Depressionen nach sich zieht.
Da solche Eingriffe später nicht mehr oder zumindest nur mit großen Schwierigkeiten zu 'reparieren' sind, plädiert Dr. Dieterich dafür, in einer einzigen Operation die Brust nur teilweise zu entfernen und sie im selben
Schritt wieder mit eigenem Gewebe aufzubauen. Obwohl die Krankenkasse eine solche Operation zahlt, wird sie nur in wenigen Kliniken angeboten: Geht man davon aus, dass bei jeder dritten Patientin ein plastischer Eingriff notwendig ist, kommen auf die schätzungsweise 50 Experten in Deutschland mindestens 10.000 Neuerkranken pro Jahr.
'Leider zeigt sich wieder einmal, dass neue operative Verfahren in Deutschland nur langsam durchzusetzen sind', weiß Dr. Dieterich.
Arbeitsgemeinschaft Wiederherstellende Operationsverfahren in der Gynäkologie
Arbeitsgemeinschaft Urogynäkologie und Plastische Beckenbodenrekonstruktionen
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Endoskopie