Hallo an alle
Ich habe mich hier angemeldet weil ich meinem Bruder helfen möchte und mir langsam die Ideen ausgehen...
Kurz zu mir : Ich bin Krankenschwester, 40 Jahre alt und arbeite auf einer Bauchchirurgischen Station.
Nun zu meinen Bruder...
Er ist 50 Jahre alt und nach langer und in meinen Augen nicht korrekter Diagnostik durch seinen Urologen wurde bei ihm ein agressives schnell Wachsendes Prostata-Carzinom festgestellt (Gleason Score 5+5)
OP (radikale Prostatektomie) an 21.10.2013.
Nach der OP musste er 5 Wochen einen BDK tragen.
Auch vor der OP hatte er 4x, teils über Wochen einen weil kein Urin mehr abgehen konnte...
Nun ist der BDK seit 2 Wochen raus und er ist 100% Inkontinent.
Nach anfänglicher Versorgung über Vorlagen habe ich organisiert das er Urinalkondome erhält. Damit ist es zwar ein ganz klein wenig besser aber eben noch lange nicht so das er sich auch nur ansatzweise wohl oder sicher fühlen kann.
Die Kondome rutschen ständig ab sobald ein Tropfen Urin unter die Klebefläche läuft.Der Penis schrumpft leider zwischendurch zusammen.
Er hat überhaupt kein Gefühl für volle oder leere Blase, der Blasenschliessmuskel ist wie tot. Sobald er aufsteht läuft alles auf einmal ab(und dann geht oft das Kondom ab...)
Vorgestern war er das erste mal zum Schliessmuskeltraining, aber das wird ja ewig dauern bis es erfolg bringt.
Kann mir jemand ein paar Tips geben wie ich meinen Bruder helfen kann ?
Am anfang hatte er furchtbare Blasenkrämpfe wogegen er 45mg Spasmex täglich nimmt.
Einen Harnwegsinfekt hat er seit fast einem halben Jahr der auch nicht wirklich in Griff zu kriegen ist(wobei die aktuelle U-Kultur noch aussteht)
Mir gehen langsam die Ideen aus...
Zu allem Unglück musste er vor 3 Wochen noch eine Nierenschiene bekommen weil eine Niere nicht richtig ablief, dabei hat man auch noch einen Stein gefunden.Beides soll nach der ersten Chemotherapiesitzung in der 2 Dezemberwoche entfernt werden...
Er leidet ganz furchtbar, geht kaum vor die Tür, geschweige denn das er sich mit Freunden trifft weil er Angst hat das er "wieder ausläuft".
Trinken mag er auch nicht wirklich um das Problem so gering wie möglich zu halten, das das nicht gut ist weiss er, aber irgendwie muss er damit klarkommen sagt er...
Ihr hier im Forum werdet das Problem kennen und sicher ein paar Ideen haben wie ich ihm helfen kann
Vielen lieben Dank sschon mal
rapante

Hallo Rapante,

schön dich hier im Forum begrüßen zu können.

Ich möchte meine Antwort nicht aus der Hüfte schießen, sondern mir Zeit lassen und auf viele Aspekte deiner Anfrage eingehen.

Leider habe ich aber erst heute Abend Zeit dafür. Ich bitte also noch um ein wenig geduld, ich werde dir auf jeden Fall antworten.

Grüße

Matti

Kein Problem ;.) Vielen Dank schon mal für die mühe
Bis denn
rapante

Hallo rapante,

erst einmal

-lich Willkommen hier bei uns im Forum. Dein Bruder hat bereits sehr viel Glück, dass er dich als kompetente Fachkraft an seiner Seite hat und du dich so für ihn engagierst..., vielleicht können wir durch unsere Erfahrungen noch etwas dazu beisteuern....

Ich bin zwar nicht die Fachfrau dafür, verfolge aber auch die "Männerthemen", wie z. B. das Urinal-Kondom mit. Da es hier sehr auf das Produkt ankommt, wäre es vielleicht noch gut zu erwähnen, welches Urinal-Kondom dein Bruder verwendet. Es gibt ja auch welche für den retrahierenden Penis.

Wir haben da gerade mehrere sehr interessante Threads, mit vielen Betroffenen. Ich stelle dir mal als schnelle "Hilfsmaßnahme" einen Link hier rein, der sehr viele Zusatzinformation mit weiteren Verlinkungen, zu Herstellern usw. enthält, falls du ihn selbst noch nicht gefunden hast, Ich hoffe, dieser Thread ist schon mal eine kleine Hilfe, als Fachfrau kann es natürlich sein, dass du bereits alle Produkte und Hersteller durch hast. In dem Fall kann ich nur noch auf den nächsten Absatz hinweisen....

Wenn du den Thread gelesen hast, wirst du feststellen, dass es einige "mutige", bzw. auch "verzweifelte" Männer gibt, die sich hier intensiv austauschen. Nicht selten, finden sie ihren Weg wieder zurück aus dem Schneckenhaus, indem man sich gerne nach solchen Erlebnissen vergräbt. Vielleicht wäre das auch was für deinen Bruder. Sich aktiv an der Bewältigung der gesundheitlichen Probleme beteiligen zu können, sei es nur durch das Schreiben hier im Forum, hilft oft enorm weiter.

Wenn ich heute abend mehr Zeit habe, schaue ich noch mal, ob ich euch etwas Gutes tun kann.

Bis dann und ganz, ganz...

Vielen Dank schon mal, den Link werd ich gleich besuchen.
Er verwendet Urinalkondome der Firma Hollister, aber ich weiss nicht genau welche Sorte da...(Kenne Hollister durch den Stomatherapeuten meiner Station, der hat das alles organisiert) Aber ich dachte mir schon das es mehrere Firmen/Produkte gibt...
Sooo ne Fachfrau bin ich was das angeht leider auch nicht, ich kenne mich gut mit Künstlichen Darmausgängen aus, aber Urologisch bin ich nur ein wenig bewandert...
Leider ist er für Foren überhaupt nicht zu haben
Freue mich über weitere Tipps
rapante

Hallo,

nun möchte ich mir die Zeit nehmen dir zu antworten.

Das Deutsches Krebsforschungszentrum hat einen ganz hervorragenden Artikel verfasst. Ich will ihn dir einfach einmal verlinken, den besser könnte ich dies hier auch nicht schreiben.

www.krebsinformationsdienst.de/tumorarte...statakrebs/leben.php

Ich will einmal auf folgende Aussagen deines Postings eingehen.

Der Harnwegsinfekt kann zum einen aus hohen Restharnwerten vor der Operation begründet sein. Ein Dauerkatheter führt fast immer zu einer Besiedelung der Blase. Das Anlegen einer U-Kultur ist deshalb richtig und wichtig. Dann kann man sehr gezielt ein Antibiotikum einsetzen.

Nun weiß ich nicht, ob die Nierenschiene eine erneute Infektionsquelle ist.

Die Reduktion der Trinkmenge kann ein zusätzliches Kriterium für den Harnwegsinfekt sein. Die Spülwirkung fehlt und wird durch die Nierenschiene ja noch weiter verstärkt. Die Reduktion der Trinkmenge ist also völlig kontraproduktiv.

Ein Link zu einem Diskussionfaden hier in diesem Forum ist dir bereits von Pam genannt worden. Dort geht es auch um die unterschiedlichen Hilfsmittel.

Ich würde sagen das Leben deines Bruders hat sich in vielen Bereichen verändert. Da sollte er seine Einstellung gegenüber Foren, gerade wenn es um Selbsthilfe und Erfahrungsaustausch geht, doch noch einmal überdenken. Isolation und Rückzug sind keine Lösung, verstärken und verschlimmern das Problem und schaffen ganz Neue.

Empfehlen möchte ich auch noch: www.prostatakrebs-bps.de/

Grüße

Matti

Hallo rapante,

ich hatte bis letztes Jahr für Foren auch nur ein müdes Lächeln übrig.

Wenn du aber plötzlich mit einer Erkrankung da stehst, die Antworten oft nicht ausreichend sind und Alltagssituationen schlecht bewältigt werden, da man nicht immer den Experten bei der Hand hat, dann bist du froh über jede Hilfe und Mut machenden Zuspruch... Zum Glück habe ich relativ schnell hierher gefunden und das hat den entscheidenden Unterschied ausgemacht. Wer weiß, ob ich heute damit so gut zurecht käme, wenn ich nicht so viel Tipps bekommen hätte und das Gefühl mit meinen Problemen nicht alleine zu sein. Ich habe zwar einen Mann, der durch den Rettungsdienst (er ist durch den Wehrersatzdienst 12 Jahre ehrenamtlich Rettungswagen gefahren) schon einiges mit angesehen und mitgemacht hat. Aber er steckt trotz allem nicht in meinen Schuhen.

Weiß denn dein Bruder, dass du dich für ihn hier angemeldet hast? Vielleicht mag er ja einfach mal stöbern und findet sich hier bei uns wieder und wohl....

Unser Forum hat schon ein ganz besonderes Flair, mit vielen helfenden Mitstreitern, jedenfalls empfinde ich das so....

Bis dann erst mal und ganz....

Liebe Rapante

es ist zwar ehrenhaft das Du deinen Bruder versuchst zu helfen. Aber so lange dieser nicht bereit ist, seine Situation selber zu verbessern, werden deine Bemühungen nicht fruchten.
Es kann sogar sein, das dein Bruder dadurch noch unfähiger wird, seine Erkrankung zu bewältigen.

Meine Meinung nach wäre es sinnvoll, wenn du deinen Bruder ermutigen würdest, die Texte hier anzuschauen und sich selber um die Bestellung der in Frage kommenden Kondomurinale zu kümmern.

Alles Gute Dir und Deinem Bruder
Bea

Moin Moin liebe Rapante!

Eigentlich ist hier schon so ziemlich alles gesagt worden.

Ich möchte Dich nur noch ein wenig trösten ...
Ich finde es toll, dass Du Deinem Bruder so hilfst.
Es ist für ihn gerade vor kurzem seine heile Welt zusammengebrochen und vermutlich ist er nicht nur physisch,
sondern auch psychisch am Boden. Um so wichtiger ist es, ihn wieder aufzurichten!

Wenn er sich mit seiner Erkrankung auseinandersetzen kann, kann er auch selber Initiative ergreifen.
Das dauert bei jedem individuell mehr oder weniger lange. Auch die anfängliche "Selbstbemitleidungsphase"
ist nur normal. Du kennst das sicher auch von Deinen Patienten in der Klinik. Also lass Dich nicht entmutigen.

Hier im Forum kann er völlig anonym (mit Phantasie-Nickname, ohne Foto) seine aktuellen Probleme und Nöte
schildern. Viele Männer hier haben ähnliches durchgemacht und fast alle mussten erst einmal ihre Hemmschwelle überwinden - das ist nur natürlich, denn Inkontinenz ist in unserer Gesellschaft leider noch immer ein Tabuthema.
Auch behält jeder seine diesbezüglichen Probleme gerne für sich, da selbst in der unmittelbaren Umgebung oft das Verständnis dafür fehlt.

Vielleicht kannst Du ihn für's Erste mal nur zum Lesen in diesem Forum animieren - er wird dann natürlich auch Deinen Beitrag finden und unsere Antworten darauf. Vielleicht merkt er dadurch auch, dass man hier Jedem Verständnis entgegenbringt.
Auch, wenn Du hier schon einiges zum Lesen bekommen hast, möchte ich Dir einen Forumsbeitrag ans Herz legen. Er bezieht sich zwar nicht auf ein Prostata-Ca, handelt aber von Inkontinenz (bedingt durch Blasenkrebs) und ist quasi eine Art "Tagebuch". Alle Höhen und Tiefen sind anschaulich (manchmal auch humorvoll) beschrieben.
Schau mal hier: Auseinandersetzung mit einer verdammten Krankheit

Ganz liebe Grüße,
Ano

Hallo rapante,
herzlich willkommen hier im Forum.

Es sind zwar schon über 17 Jahre bei mir her, als ich in vergleichbarer Situation war, wie bei deinem Bruder, aber ich hatte mich auch überhastet enttäuscht abgesondert. Also ist die Reaktion deines Bruders nicht so selten. Mir sind auch andere ähnlich gelagerte Fälle bekannt.

Die starke psychische Belastung erschwert in dieser Konstellation erheblich jeglichen gesundheitlichen Erfolg. Zunächst muss also der Kopf frei sein und da reagiert jeder anders, besonders dann, wenn Komplikationen eingetreten sind, bleiben Erfolge zunächst aus.

Nach so langer Verweilzeit und wiederholter Setzung des Katheders hat sich die sonst so elastische Blase derart erschlafft, dass so gut wie gar kein Volumen zur Speicherung vorhanden ist. Deshalb auch vorerst keine Erfolge beim Kontinenztraining, hier hilft wirklich nur viel Geduld. Absolut kontraproduktiv ist das sparsame Trinken.

Vorderhand würde ich gute aufsaugende Hilfsmittel verwenden und rechtzeitig wechseln. Erst später bei ausbleibenden Erfolg des Kontinenztraining für Männer sind dann Kondomurinale angesagt.

Soll jedoch jetzt schon das Kondomurinal verwendet werden, sollten hochelastische selbstklebende Artikel verwendet werden, die sich besser für retrahierten Penis eignet. Die Fa. Hollister bietet auch einen Beutel mit Belüftungsventil an, um den Effekt des Unterdruckes zu vermeiden. Sicherer ist jedoch die hier im Forum vorgestellte Variante mit Y-Verbinder und separatem Ventil.

Gerne beantworten wir dir noch weitere Fragen, ansonsten kannst du auch noch hier stöbern:
inkontinenz-selbsthilfe.com/forum/54-hil....html?start=48#16904
inkontinenz-selbsthilfe.com/forum/54-hil....html?start=48#17201
www.inkontinenz-selbsthilfe.com/forum/54...l?limitstart=0#17719
www.inkontinenz-selbsthilfe.com/forum/54...l?limitstart=0#17722

Wir wären dir sehr dankbar, wenn du unabhängig vom Ertrag dieses Kontaktes uns vom Ergebnis berichten könntest. Es wäre für alle (also auch für zukünftige Leser) vom Nutzen.

Viel Kraft und trotz aller Widrigkeiten Erfolg wünscht Dir
Horsty