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Inkontinenz und Restharn

23 Jul 2022 17:37 #1 von Marlis
Hallo in die Runde.
Gestern wurden aufgrund meiner Beschwerden einige Untersuchungen in der Klinik gemacht: Blasenspiegelung, Urodynamik und Miktionszysturethrographie.
Festgestellt wurde, dass das im letzten Jahr implantierte TVT Band zu stramm sitzt und es daher auch öfter zu Harnverhalten gekommen ist, weswegen ich auch 6 Monate einen Bauchdeckenkatheter hatte, und eine hypokapazitäre Harnblase und Low Compliance.
Vom Entfernen des zu straffen TVT Bandes wurde mir abgeraten, da ich dann auch wieder das Problem der Belastungskomponente bei Mischharninkontinenz hätte und weil es eine sehr aufwändige OP wäre. Das mir das zu straffe Band in den Leisten Schmerzen bereitet blieb unberücksichtigt "ich müsse ja wegen der hohen Restharnbildung eh selbst katheterisieren"...
Mir wurde jetzt eine Botox-Injektion vorgeschlagen.
Könnt ihr mir hier was zu meinen Diagnosen sagen? Ich versteh das irgendwie nicht.
Weiss vllt auch jemand, ob ich einen GdB deswegen beantragen kann?
Danke!

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26 Jul 2022 16:21 #2 von MichaelDah
Hallo Marlis,

ich bin da jetzt auch nicht der Experte - aber ich versuch mal zu Antworten - erstmal zu den Begriffen...

Blasen Complience:

Das ist einer der Werte die bei einer Urodynamik ermittelt wird. Er beschreibt das Verhältnis von Blasendruck zu Füllstand. Bei einer low complient Blase steigt mit zunehmendem Füllstand der Blase, der Blasendruck stark an. Das ist i.d.R. der Tatsache geschuldet das der Blasenmuskel nicht mehr besonders dehnbar ist. Im Normalfall würde sich die Blase ausdehnen und damit den Druck mehr oder weniger konstant halten.

Dazu passend währe dann Hypokapazitär:

Bedeutet es passt nicht mehr viel in die Blase hinein - was i.d.R. die Konsequenz aus einer "low complient" Blase ist, denn wenn sich die Blase nicht mehr richtig dehnen kann passt halt auch weniger rein.

das führt dann zum nächsten Punkt: Mischharninkontinenz und TVT Band:

Wenn in die Blase nicht viel hinein passt und sie durch den verhärteten Muskel nicht dehnt und dadurch schnell zu viel Druck aufbaut ist das einer der Gründe die zu einer OAB (überaktiven Blase - mit oder ohne Harnverlust) führen können - was im letzteren Fall auch unter dem Begriff der Dranginkontinenz zusammengefasst wird.

Kommt jetzt noch eine Beckenbodenschwäche dazu - die im ungünstigen Fall eine so genannte Stressinkontinenz hervorrufen kann (Harnverlust beim Niesen, Bücken, Heben etc) hat man eine Mischinkontinenz (eben Drang + Stress).

Zusammengefasst: In beiden Fällen verliert man Harn - aber aus unterschiedlichen Gründen.

Bei dir ist jetzt eine "Korrekturmaßnahme" schief gegangen. Mit dem TVT-Band hat man versucht die Stressinkontinenz in den Griff zu bekommen indem man mit dem Band den Schließmuskelapparat stützt. Das geht in ca. 80% der Fälle gut. In den andere Fällen sitzt das Band entweder zu locker oder zu fest. Bei "zu locker" passiert gar nichts - bedeutet es hilft nicht und zu fest kennst du...

Was dann passiert ist - finde ich ehrlich gesagt etwas merkwürdig aber - wie gesagt ich bin kein Arzt - und vielleicht haben ja andere noch mehr Erfahrung mit der Band OP. Ich würde jetzt mal ganz laienhaft sagen: Wenn man mitbekommt, das dieses Band zu fest sitzt, muss man das eigentlich neu operieren. Mitbekommen tut man das sehr schnell - nämlich wenn der der Harnverhalt eintritt - aber spätestens bei der urodynamische Untersuchung. 6 Monate mit einem SPK rum zu laufen anstatt die Ursache zu beheben finde ich schon merkwürdig - aber vielleicht muss es ja erst ausheilen.

Ich weiß nicht wie stark deine Stress Inkontinenz Problem waren und was du vorher schon versucht hast - aber ich gehe mal davon aus das die sich mit intensiven Beckenboden Training nicht beheben ließen. Von daher wäre der nächste logische Schritt eigentlich das Band zu korrigieren.

Bei dem Botox geht es um die Dranginkontinenz. Ob das in deinem Fall Sinn macht hängt stark von dem Beschwerdebild ab. Mit Botox dämpfst du den Blasenmuskel. Bedeutet wenn alles richtig funktioniert, dann kann der Blasenmuskel nicht mehr so viel Druck aufbauen weil er teilweise gelähmt ist und du schaffst es wieder auf das Klo. Leider gibt es da auch einige Probleme:

1) Wie gut das mit dem "teilweise gelähmt" funktioniert ist schon eher zufällig. Wenn zu wenig Botox genommen wurde passiert gar nichts und bei zuviel Botox ist die Blase halt komplett gelähmt. Bedeutet du musst weiterhin Katheterisieren - wenigstens so lange bis sich das Botox auf ein maß abgebaut hat wo es wieder funktioniert. Damit bleibt man dann zwar trocken aber handelt sich mit dem ISK auch öfter mal eine Blasenentzündung ein...

2) Das Botox hält nur für einen gewisse Zeit (zwischen 6 und 10 Monaten) danach muss das immer wieder wiederholt werden und im ungünstigen Fall wirkt es irgendwann nicht mehr so gut.

3) In deinem Fall kommt die zu kleine Blase dazu - bedeutet du muss sowieso öfter auf die Toilette.

Meine Empfehlung währe: Geh die Sache nacheinander an. Ich würde erstmal das TVT-Band richten lassen und schauen was dann passiert. Möglicherweise reicht das ja schon aus, um aus dem Dranginkontinenz ein Drangproblem werden zu lassen. Dann musst du zwar immer noch oft auf die Toilette, aber kommst da wenigstens trocken an. Ich würde der Sache - wenn die zweite OP gut verlaufen ist - auch etwas Zeit geben und es wieder mit Beckenbodentraining zusätzlich versuchen. Wenn es dann nach vielleicht einem Jahr immer noch nichts ist, kannst du dir das mit dem Botox überlegen - aber wie gesagt: Im schlechtesten Fall ist es die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub denn wenn es schief geht läuft es gar nicht mehr und du musst Katheterisieren (ISK).

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26 Jul 2022 17:15 #3 von Marlis
Hallo Michael, danke für deine ausführliche Antwort. Ich verstehe die Zusammenhänge jetzt um einiges besser. Ich bin inzwischen überfordert mit Diagnosen und Untersuchungen.
Das TVT Band wurde letztes Jahr im August gelegt, 5 Wochen später hatte ich im Türkei Urlaub den ersten Harnverhalt. Der Arzt dort im Krankenhaus sagte, dass das Band zu straff sei. Daheim im Krankenhaus bestritt man dies. Letzte Woche wurde erstmalig eine Videourodynamik gemacht, mit o. g. Ergebnissen. Das das Band zu stramm sitzt, erwähnte der untersuchende Arzt. Im Arztbericht ist das nicht erwähnt.
Für morgen habe ich einen Termin für die Botox Injektion bekommen. Ich denke, den sage ich ab und hole mir noch eine Zweitmeinung. Wohl ist mir dabei eh nicht.
Ein bisschen verzweifle ich allmählich. Ich war in 11 Monaten wegen meiner Blasenentleerungsstörung 7 x stationär im Krankenhaus. Ich vertrau den Ärzten nicht mehr.
Deine Ausführungen bestätigt meine Denkweise..... ich bin auch dafür, dass das Band raus muss, zumal es mir ja auch Schmerzen bereitet.
Danke und liebe Grüße
Marlis

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27 Jul 2022 00:36 #4 von MichaelDah
Hallo Marlis,

das einholen einer Zweitmeinung kann ich ganz klar empfehlen. Die Sache wird manchmal kompliziert wenn die Diagnostik auch da gemacht wird, wo operiert wird (oder wurde) - denn da gibt es möglicher Weise einen Interessenkonflikt. Wenn es irgendwie möglich ist würde ich immer versuchen Diagnostik und Behandlung (OP) zu trennen.

Da wo die Urodynamik gemacht wurde, würde ich nochmal ganz explizit nachfragen, warum das mit dem TVT-Band nicht im Bericht steht. So eine Urodynamik ist immer nur im Zusammenhang mit dem klinischen Beschwerdebild wirklich aussagekräftig. Die Zahlen alleine sind zwar nett - führen aber ohne den Kontext auch schnell zu Fehlinterpretationen… Ich würde mir dazu auch die Daten der Urodynamik (das Diagram) zusammen mit den dabei gemachten Röntgenbildern geben lassen. Die Daten und Bilder gehören dir, und sie sind für eine unabhängige Zweitmeinung sehr wichtig.

Viel Erfolg und gute Besserung
Michael

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