Liebe Teilnehmer des Forums,
ich hatte mich bereits Ende letzten Jahres entschieden, einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente zu stellen. Abhängig machen wollte ich dies vom Ergebnis der Urodynamik, die in der Neurourologie in Mönchengladbach durchgeführt wurde. Das Ergebnis war, ich hatte es nicht anders erwartet, schlecht. Zur gleichen Zeit bastelten aber die Abgeordneten an einer Rentenreform, deren Ergebnis ich abwarten wollte. Es ging mir hier um die erhöhte Zurechnungszeit von 2 Jahren. Eine Rechtsschutzversicherung hatte ich schon ein halbes Jahr vorher abgeschlossen. Ich hatte mich mental gut vorbereitet und auf eine Gutachterodyssee eingestellt. Letztlich, so war meine feste Überzeugung, würde das Sozialgericht über meinen Antrag entscheiden.
Ich habe dann Anfang Juli den Antrag gestellt. Ich habe mich da durchgewurschtelt und immerhin 47 Seiten für den Rentenantrag ausgefüllt. Mit dem Antrag ging ich zur Krankenkasse, die muss was stempeln, dann zum Versicherungsamt der Stadtverwaltung, die muss dann auch noch was stempeln. Dann habe ich die Sache (ging so gerade noch mit der Briefpost) weggeschickt und gewartet. Bereits am 14. August hatte ich den ersten Termin bei einem Gutachter, und zwar einem Psychiater und Neurologen. Der arme Mann wusste nicht so recht, was ich bei ihm wollte. Begründung für den Rentenantrag war ja meine kaputte Blase. Dass es einem damit psychisch nicht gut geht, versteht sich von selbst. Ich musste 500 Fragen beantworten, dann hatte ich ein persönliches Gespräch. Der Arzt, der im übrigen sehr nett war, verzichtete auf Untersuchungen der Nervenleitbahnen, das war ja vor Implantation der Blasenschrittmacher sowieso geschehen. Er stellte fest, ich könne nicht mehr arbeiten. Über das Grundproblem könne er aber nichts sagen, da er ja kein Facharzt sei. Die Mitarbeiter des Rentenversicherungsträger waren wohl nicht in der Lage, zwischen einem Neurologen und Neurourologen zu unterscheiden.
Im November fand dann der zweite Termin bei einem Urologen in der Nachbarstadt statt. Er empfing mich mit den Worten, dass er ja gar nicht gewusst hätte, dass ich in der Neurourologie in Mönchengladbach in Behandlung sei und Implantate hätte. Diese Informationen hat er während eines Telefonates mit meinem behandelnden Urologen bekommen. Die Rentenversicherung hat glatt die Befundberichte von dort unterschlagen, obwohl ich sie dorthin geschickt hatte. Nun musste ich eine Vorlage einlegen, 5 Stockwerke in Begleitung einer Schwester rauf und wieder runter laufen. Danach sollte ich 1 Minute auf der Stelle hüpfen. Das lehnte ich wegen meiner Implantate ab. Also trat ich auf der Stelle und hielt anschließend noch 1 Minute meine Hände unter kaltes Wasser. Die Schwester gab mir einen Beutel und bat mich, die Vorlage dort hineinzutun und ihr zu geben. Leider war die Vorlage noch trocken, da ich aber immer Harndrang verspüre, war das schnell geändert. Vielleicht nicht im Sinne dessen, was man von mir erwartet hat, aber unfair kann ich auch sein.
Im persönlichen Gespräch mit dem Arzt kristallisierte sich schnell heraus, dass er mir von einer Blasenaugmentation wegen meines Verwachsungsbauches abrät. Er war am Ende auch so freundlich, mir seine Einschätzung mitzuteilen. Die Gutachter müssen eine Arbeitsfähigkeit positiv und negativ bewerten. Negativ: was kann man nicht mehr! Positiv: was kann man noch arbeiten! Obwohl er es nicht durfte, sagte er mir, dass ich einen Arbeitsplatz neben einer Toilette benötigen würde und den gäbe es ja nicht, somit würde er meinen Antrag befürworten. Ich bat ihn, den Teufel nicht an die Wand zu malen oder ob er noch nie bei C & A die Damen mit dem obligatorischen Lappen in der Hand neben einem Teller sitzend auf den Kundentoiletten gesehen hätte. Er lachte und meinte, da käme es nicht hin.
Was soll ich sagen, ich bekam diese Woche einen Anruf von einer sehr freundlichen Dame des Rentenversicherungsträger. Sie sagte mir, es sei eine gute Entscheidung gefallen. Tatsächlich werde ich ab 1. Februar 2015 die volle Erwerbsminderungsrente beziehen. Diese Rente sei zuerst befristet, würde aber nach einer Neubeantragung unbefristet gezahlt.
Soweit die guten Nachrichten. Ich kann es bis jetzt noch gar nicht glauben. Da ich Zeit meines Lebens gearbeitet habe und über ein gut gefülltes Rentenkonto verfüge, ist da ein schönes Sümmchen zusammen gekommen.
Trotzdem werde ich gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Bei Gewährung einer befristeten Rente muss die DRV Bund erst ab dem 7. Monat zahlen. So kam es zum Rentenbeginn 1. Februar. Weil aber beide Gutachter feststellten, dass eine Besserung meines Gesundheitszustandes nicht zu erwarten sei, möchte ich sofort eine unbefristete Rente haben und - ganz klar- die damit verbundene Nachzahlung.
Aber erstmal läuft's. Eine schöne Nachricht vor Weihnachten. Ich bin immer noch platt, dass das so problemlos über die Bühne ging. Die Gedanken, dass damit ja auch ein nicht gesunder Zustand dokumentiert wird, verdränge ich vorläufig erfolgreich. Ich möchte mich jetzt erstmal nur freuen.
Bis dahin, lieben Gruß
Anna