Blasenschwäche wird aus Scham verschwiegen
Blasenschwäche ist ein Tabuthema. Auch deshalb gibt es keine genauen Angaben darüber, wie viele Menschen in Deutschland an HarnINKONTINENZ leiden. Schätzungen zufolge sind es vier bis acht Millionen. Nicht wenige der Betroffenen schämen sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Nationale Expertenstandard 'Förderung der Harnkontinenz', erarbeitet unter Beteiligung des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke, will bei professionell Pflegenden auch die Sensibilität im Umgang mit den Patienten schärfen.
Der Standard entstand unter Federführung des Deutschen Netzwerks zur Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP). Daniela Hayder vom Wittener Institut für Pflegewissenschaft hat ihn als wissenschaftliche Mitarbeiterin betreut: 'Die Intimsphäre der Betroffenen ist unbedingt zu schützen', betont Daniela Hayder. Nur wenn ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Pflegenden und Patienten bestehe, könnten erfolgreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote entwickelt werden. Das beginne schon bei den ersten Gesprächen, um den Grad einer möglichen INKONTINENZ einzuschätzen. 'Häufig ist es kontraproduktiv zu fragen, ob eine INKONTINENZ vorliegt, da Betroffene dieses Wort scheuen', weiß die Pflegewissenschaftlerin. Sinnvoller seien Fragen wie: 'Verlieren Sie Urin, wenn Sie husten, niesen oder lachen?' Zum Schutz der Intimsphäre gehöre auch, dass Angehörige nur mit Einverständnis der Betroffenen über die HarnINKONTINENZ informiert werden dürften.
Eine Blasenschwäche kann in jeder Altersklasse auftreten. In jüngeren Jahren sind vorwiegend Frauen betroffen. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko sowohl für Frauen als auch für Männer stark an. Bei Untersuchungen in Einrichtungen der stationären Altenhilfe zeigte sich, dass rund 40 bis 80 Prozent der Bewohner harninkontinent sind. Der Expertenstandard bietet professionell Pflegenden eine kommentierte Zusammenstellung des praxisrelevanten Wissens zur Kontinenzförderung. Zudem werden Rahmenrichtlinien formuliert mit verbindlichem Charakter für die Qualitätssicherung in der stationären und ambulanten Pflege. Finanziell gefördert wurde der Standard vom Bundesgesundheitsministerium. Die wissenschaftliche Leitung der zwölfköpfigen Expertengruppe hatte Prof. Dr. Wilfried Schnepp vom Wittener Institut für Pflegewissenschaft. Die abschließende Fassung ist voraussichtlich ab Mitte Februar über das DNQP (
www.dnqp.de
) zu beziehen.
Weitere Informationen: Daniela Hayder, 02302/926-304,
dhayder@uni-wh.de