Hallo Klara, hallo "Rest",
was das OP Risiko angeht, scheinen sehr unterschiedliche "Versionen" im Umlauf zu sein. Ich kann nicht aus eigener Anschauung sprechen, habe mich aber in der nahen Vergangenheit sehr intensiv damit auseinandersetzen können, da in meiner Arbeitsstätte, einer großen Klinik im Norden, eine Vortragsreihe unter Anderen dazu veranstaltet wurde.
Klar ist, dass die Stellung der Indikation bei einem Querschnitt erheblich schwieriger und aufwendiger ist, da die Mitarbeit des Patienten ja nur selten noch gegeben ist. In Einzelfällen kann das sicher schnell gemacht werden, aber je sorgfältiger hier gearbeitet wird, um so besser kann der spätere Erfolg abgeschätzt werden. Messungen geben leider nur unzureichende Hinweise, daher ist die Beobachtung ein wichtiges Kriterium.
Die einhellige Meinung der Vortragenden war der von Matti sehr ähnlich
- ganz sorgfältige Indikation
- sehr klare Prüfung von Alternativen
- sorgfältige Testung
- ausreichender stationärer Aufenthalt, damit sich der Patient erholen kann
- sehr sorgfältige Nachsorge zum frühzeitigen Erkennen von Komplikationen, insbesondere Infektionen
Die Hauptprobleme liegen danach in
- der Lage der Elektroden (auch späte Infektionen nach mehreren Jahren möglich)
- Lage des Stimulators
- OP nahe ggf. okulte Infektionen, die einen späteren Ausbau zur Folge haben
Es wurde von einer Erfolgsquote der Stimulation von zunächst bis zu 80% berichtet, die aber bei Langzeitbetrachtung deutlich sinkt, so dass nach 5 Jahren nur noch knapp 50% der Geräte aus Sicht der Ärzte zufriedenstellend funktionieren und nur etwa 30% der Patienten mit dem Erfolg zufrieden waren.
Noch wesentlich schlechter ist die Quote bei der Stimulation des Rectum Sphinkter, so dass vom Vortragenden Chirurgen von der Stimulation, sowie besonders der Implantation eines künstlichen Rectum Sphinkter aus heutiger Sicht ausdrücklich abgeraten wurde, auch wenn die Hersteller die Sachlage anders darstellen. Für einen künstlichen Blasensphinkter ist die Situation etwas besser, aber die Probleme sind im Grundsatz ähnlich.
Ich würde an dieser Stelle gern etwas Besseres "vermelden", aber die Art der OP scheint "in Mode" zu kommen und wie immer ist ein geübter, sehr kritischer Operateur Garant für gute Ergebnisse. Aber selbst der beste Operateur kommt nicht um die anatomischen Gegebenheiten herum. Die OP findet in einer Region statt, in der viele Keime sind und die wandern "gerne" längs irgendwelcher Fremdkörper und machen dann schleichend den Erfolg zunichte. Außerdem - wie bei jeder OP, was einmal geschnitten ist, kann nur noch narbig heilen und Muskeln sowie Nerven funktionieren dann oft nicht mehr so wie sie sollten. Das OP Risiko ist hoch, auch ohne Infektion.
Ich werde selten so deutlich, aber hier sollten oder besser müssen mehrere Meinungen eingeholt werden und wenn dann Nutzen und Risiken gute Erfolgsaussichten signalisieren, dann kann man das wagen. Leider zeigt die Erfahrung, dass viel zu schnell und zu euphorisch agiert wird und die Ergebnisse leider viel zu oft katastrophal und unumkehrbar sind. Es geht den Operierten anschließend oft schlechter als vorher und das Dauerhaft mit schlechteren Aussichten.
Übrigens bis auf das Infektionsrisiko - die Sache beim TVT ist ähnlich, auch da wird viel zu oft, ohne gute Indikation, ohne Erfahrung des Operateurs ohne ausreichende Aufklärung der Patientin über das erforderliche Verhalten danach, ohne vorheriges Beckenbodentraining geschnitten - und diese Frauen landen dann oft mehrfach zu Nachoperationen auf den Tischen der Spezialisten, die eine erste OP gar nicht gemacht hätten, nun aber die Folgen begrenzen müssen.
Machts gut
Chris