Hallo,
ich habe gerade eine knapp 3-monatige Weltreise hinter mir und kann hier von meinen Erfahrungen berichten, die in der Gesamtschau positiv war. Um es vorweg zu nehmen, ich leide an einer Dranginkontinenz und verwende als Hilfsmittel Windeln, davon benötige ich zwischen 1-5 am Tag. Ich verwende Produkte mit hoher Saugstärke, da meine Inkontinenz sehr stark ausgeprägt ist und ich schwallartige Urinverluste bis ca. 250-300ml habe. Wenn ich zu Hause bin und ein Klo greifbar habe ("Gammelsonntag"), reicht mir nachts eine Windel aus, wenn ich viel unterwegs bin und kein Klo erreichen kann (z.B. Sightseeing), dann der höhere Wert.
Ich habe die Reise mit Frau und Tochter gemacht und bei der Buchung ging es gerade mit meiner Inkontinenz so richtig los. Ich hatte damals viel hin- und her überlegt und mich dann meiner Familie zu Liebe doch durchgerungen, die Reise zu machen. Es ging dabei hauptsächlich in dünn besiedelte Regionen der Erde, d.h. Australien, Neuseeland, Französisch Polynesien und die USA. Vieles wurde mit Auto und Camper zurückgelegt. Nach einer ersten Recherche war klar, dass eine Versorgung "nach Bedarf" vor Ort nicht sichergestellt ist und meine verwendeten Produkte (Betterdry für nachts, Tena Slip Maxi für tags) in den Ländern nicht oder nur in komischen Varianten verfügbar waren. Ich musste meine Hilfsmittel also mitnehmen. Schwierig war es, meinen Bedarf abzuschätzen. Am Ende habe ich mich auf 2 zusätzliche Gepäckstücke mit insgesamt ca. 50kg festgelegt, das entsprach ca. 200 Windeln (oder rechnerisch ca. 2,5 Windeln am Tag). Andere Hilfsmittel hatte ich kurz evaluiert (Kondomurinal), aber da es Regionen waren bei denen es auch mal 40°C hat, wollte ich auf meine Shorts nicht verzichten (wegen Beinbeutel) und habe lieber die schwitzige "Unterhose" in Kauf genommen.
Mit den Airlines hab ich absolut positive Erfahrung gemacht, lediglich Air Tahiti hat mir für das Übergepäck 60 Euro pro Wegstrecke abgeknöpft (was zu dem Zeitpunkt dann eh nur noch eine Windeltasche war) . Alle anderen Airlines (Emirates, Qantas, Air New Zealand, Air Tahiti Nui, Delta und TAP Portugal) haben die Hilfsmittel kostenfrei transportiert. Ich hatte alle vorher beim jeweiligen "Medical Team" angemeldet und die Bestätigung dann mit zum Airport genommen. Wichtig ist, ein ärztliches Attest zu haben, über die benötigte Menge.
Einzig die vielen Gepäckstücke (wir hatten in der Spitze 5 schwere Taschen) hat unsere Geduld manchmal sehr gefordert, insbesondere in Situationen in denen die Kofferräume bei den gemieteten Autos zu klein waren. Zum Schluss hatte ich noch 10 Betterdry und 15 Tena Slip Maxi über und war ziemlich stolz auf meine tolle Abschätzung! Muss aber dazu sagen, dass ich trocken gebliebene Windeln abends nicht weggeschmissen habe sondern am nächsten Tag nochmal angezogen habe, sonst hätte es nicht gereicht.
Fazit: alles ist möglich, man muss nur an sich glauben und sich etwas zutrauen. Springt über euren Schatten und lasst nicht zu, das eure Inkontinenz über euer Leben bestimmt! Und psychisch hat mir die Reise auch viel gebracht, ich weiß jetzt das meine Frau mich wirklich liebt und meine Inkontinenz uns nicht entzweiht
Ganz im Gegenteil, es ist schön einer Person so vertrauen zu können, vorallem auf engsten Raum wo man sich nicht immer zurückziehen kann und der Partner doch mehr mitkriegt/sieht von den eigenen Problemen, als man ihm unter normalen Umständen zumuten möchte (Stichwort "Steh mal bitte Schmiere und ich wechsel hinterm Busch meine Windel")
Grüße
Stephan