Verletzungen, Entzündungen und Druck (Kompressionen) auf die Nerven im Rückenmark können neben Lähmungen, Schmerzen und Missempfindungen auch zu Problemen beim Speichern und Entleeren von Blase und Darm führen. Abhängig davon, wo die Schädigung auftritt – im Nackenbereich, Brustbereich oder im unteren Rücken –, können unterschiedliche Symptome auftreten. Im Nacken- und Brustbereich sind eher Drang-Störungen häufig, im unteren Rücken (Lendenwirbelsäule) eher Probleme mit Blasen- und Schließmuskel-Lähmungen.
Wenn die Wirbelsäule betroffen ist, sind häufig auch andere Körperteile und Gliedmaßen betroffen. Eine Blasen- oder Darmlähmung sowie Inkontinenz treten meist erst bei fortgeschrittener Schädigung auf. Deshalb ist jede Form von Inkontinenz, die mit einem Wirbelsäulenproblem in Verbindung steht, ein medizinischer Notfall und erfordert sofortige Behandlung.
Besonders bei Unfällen oder schweren Bandscheibenvorfällen ist schnelles Handeln entscheidend. Wenn eine Verletzung oder ein Druck im Rückenmarkskanal dazu führt, dass Nerven nicht mehr ausreichend versorgt werden, können diese absterben. In solchen Fällen ist eine spätere Heilung oder „Reparatur“ der Nerven kaum noch möglich. Deshalb ist eine sofortige, operative Entlastung der betroffenen Stelle unglaublich wichtig, um dauerhafte Schäden zu verhindern und die besten Heilungschancen zu bieten.
Unterschiede bei den Nervenbahnen
Aufsteigende Bahnen (sensorische Bahnen)
Diese Bahnen sind zuständig für die Übermittlung sensorischer Informationen, wie etwa Füllstand von Blase und Darm.
Die Haupt-sensorischen Bahnen (wie die Hinterstrangbahnen: Fasciculus gracilis und Fasciculus cuneatus, sowie die anterolateralen Bahnen) verlaufen eher in den äußeren Bereichen des Rückenmarks, wodurch sie anfälliger für Druckschäden oder Verletzungen sein können.
Absteigende Bahnen (motorische Bahnen)
Diese Nervenbahnen steuern bewusst und unbewusst die Muskeln, einschließlich derjenigen, die für die Kontrolle von Blase und Schließmuskel verantwortlich sind.
Die Haupt motorischen Bahnen (wie die Pyramidenbahn oder Tractus corticospinalis) verlaufen größtenteils im inneren Kern des Rückenmarks, wodurch sie besser vor mechanischen Einwirkungen geschützt sind.
Symptome bei Schädigung der aufsteigenden Bahnen
Wenn die aufsteigenden Bahnen geschädigt werden, kann das zu sensorischen Defiziten führen: Probleme bei der Wahrnehmung der Füllung der Blase oder des Darminhalts, sowie Unfähigkeit, Darmwinde und Stuhl zu unterscheiden.
Solche sensorischen Defizite können sekundäre Auswirkungen auf sexuelle Funktionen haben, aber eher durch eine generelle Störung der sensorischen Wahrnehmung als durch direkt beeinträchtigte Nervenbahnen, die speziell für sexuelle Funktionen zuständig sind.
Symptome bei Schädigung der absteigenden Bahnen
Wenn die absteigenden Bahnen geschädigt werden, kann dies zu motorischen Ausfällen führen: Verlust der bewussten Kontrolle über Blasen- und Darmentleerung, was zu Inkontinenz führen kann.
Schädigungen in diesem Bereich können auch direkte Auswirkungen auf die Muskelsteuerung in Bezug auf sexuelle Funktionen haben.
Zusammengefasst:
Die aufsteigenden Bahnen (sensorisch) und die absteigenden Bahnen (motorisch) haben unterschiedliche Rollen im Körper und ihre Lage beeinflusst, welche Art von Symptomen bei einer Schädigung auftreten können. Deshalb ist es wichtig, bei Beschwerden eine genaue Diagnose zu bereiten, um herauszufinden, welche Nervenbahnen betroffen sind.
Wenn nur die äußeren aufsteigenden Bahnen betroffen sind, wird meist tatsächlich die sensorische Wahrnehmung beeinträchtigt. Solche sensorischen Probleme können sich auf viele Lebensbereiche auswirken, einschließlich der Kontrolle von Blase und Darm sowie der sexuellen Funktionen.
Ursachen und Behandlung
Neben Unfällen sind Tumore und Bandscheibenvorfälle die häufigsten Ursachen für Druck auf das Rückenmark. Entzündungen wiederum werden häufig durch Viruserkrankungen verursacht, die sowohl das Gehirn (Enzephalitis) als auch das Rückenmark (Myelitis) befallen können. Klassische Infektionskrankheiten sind Masern und Mumps. Aber auch Grippeviren und Zeckenstiche, die zu FSME oder Borreliose führen können, sind mögliche Auslöser. Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose können ebenfalls Entzündungen im Rückenmark verursachen.
Die Behandlung richtet sich zunächst immer nach der Ursache. Wenn eine Nervenschädigung nicht mehr verhindert werden kann oder bereits eingetreten ist, sind die Behandlungsmöglichkeiten oft begrenzt. Um die Funktionsstörungen der Blase zu behandeln, werden Medikamente zur Beruhigung des Blasenmuskels und Blasenschrittmacher eingesetzt. Wenn die Nerven jedoch zu stark geschädigt sind, bleibt oft nur die Verwendung von ableitenden oder aufsaugenden Hilfsmitteln.
Verletzungen, Entzündungen und Druck auf die Nerven im Rückenmark sind ernsthafte medizinische Zustände, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung können dauerhafte Schäden verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern. Aufgrund der Schwere und Komplexität solcher medizinischen Probleme ist eine umfassende medizinische Betreuung unerlässlich.
Folgen von Nervenschädigungen im Rückenmark
Nervenschädigungen im Rückenmark können eine Reihe von schweren und manchmal irreversiblen Folgen haben, die sowohl das tägliche Leben als auch die allgemeine Gesundheit stark beeinträchtigen können. Hier sind einige der häufigsten Konsequenzen:
1. Lähmungen und Bewegungseinschränkungen
Eine der bekanntesten und gravierendsten Folgen von Nervenschädigungen im Rückenmark sind Lähmungen. Abhängig vom Schweregrad der Schädigung und der betroffenen Region können diese Lähmungen teilweise (Teillähmung) oder vollständig (vollständige Lähmung) auftreten. Sie betreffen oft:
- Tetraplegie (Querschnittslähmung): Lähmung aller vier Gliedmaßen (Arme und Beine), meistens bei Schäden im Halswirbelbereich.
- Paraplegie: Lähmung der unteren Gliedmaßen, typischerweise bei Schäden im Brust- oder Lendenwirbelbereich.
2. Schmerzen und Missempfindungen
Schädigungen der Nerven können zu starken, oft chronischen Schmerzen führen, die schwer zu behandeln sind. Diese Schmerzen entstehen häufig aufgrund von Fehlfunktionen der geschädigten Nerven. Missempfindungen, wie Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Brennen, sind ebenfalls häufig.
3. Probleme bei der Blasen- und Darmkontrolle
Eine der belastendsten Folgen von Nervenschädigungen ist der Verlust der Kontrolle über Blasen- und Darmfunktionen:
- Inkontinenz: Unfähigkeit, Blase und Darm zu kontrollieren, was zu unfreiwilligem Urin- oder Stuhlabgang führt.
- Blasenentleerungsstörung: Schwierigkeiten beim Wasserlassen oder das Gefühl einer unvollständigen Blasenentleerung.
- Verstopfung oder Durchfall: Probleme bei der Darmentleerung können ebenfalls auftreten.
4. Sexuelle Dysfunktionen
Schädigungen der Nerven im Rückenmark können zu sexuellen Funktionsstörungen führen:
- Erektionsstörungen bei Männern: Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten.
- Orgasmusprobleme bei Frauen und Männern: Einschränkungen oder Verlust der Fähigkeit, einen Orgasmus zu erleben.
5. Atmungsprobleme
Schäden im oberen Bereich der Wirbelsäule (insbesondere im Halswirbelbereich) können die Atemmuskulatur beeinflussen, was zu Atemschwierigkeiten führen kann. In schweren Fällen kann dies lebensbedrohlich sein und eine mechanische Beatmung erforderlich machen.
6. Kreislaufprobleme
Nervenschädigungen können auch das autonome Nervensystem beeinträchtigen, das viele unbewusste Körperfunktionen steuert. Dies kann zu Problemen wie:
- Blutdruckabfall: insbesondere beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie).
- Schlechte Durchblutung: Dies kann zu Schwellungen, Druckgeschwüren und einem erhöhten Thromboserisiko führen.
7. Beeinträchtigung der Temperaturregulation
Das autonome Nervensystem spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Körpertemperatur. Schädigungen können zu Problemen wie übermäßigem Schwitzen oder Schwierigkeiten bei der Temperaturkontrolle führen.
Psychosoziale Auswirkungen
Neben den physischen Auswirkungen können Nervenschädigungen im Rückenmark auch erhebliche emotionale und soziale Folgen haben:
- Depression und Angstzustände: Die Anpassung an eine neue Lebensrealität mit körperlichen Einschränkungen kann psychisch stark belastend sein.
- Soziale Isolation: Schwierigkeiten bei der Teilnahme an sozialen Aktivitäten und die Abhängigkeit von der Unterstützung anderer können zu sozialer Isolation führen.
Die Folgen von Nervenschädigungen im Rückenmark sind vielfältig und gravierend. Sie betreffen nicht nur die körperliche Funktion, sondern können auch emotionale und soziale Auswirkungen haben. Eine umfassende medizinische und therapeutische Betreuung ist essenziell, um die Lebensqualität der Betroffenen bestmöglich zu erhalten und zu verbessern.