Meine Frau erhält ein Persönliches Budget. Daher kann ich Euch ein bissel was darüber erzählen.
Zunächst einmal ist das Persönliche Budget keine neue Leistung, sondern vielmehr eine andere Form der Leistungserbringung. Sinn und Zweck des Persönlichen Budgets ist es, Menschen mit einer Behinderung in die Lage zu versetzen Ihre bedarfsgerechte Leistung selber einzukaufen, da diese eben Experten in eigener Sache sind. Einen Anspruch auf ein persönliches Budget haben Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen. Auf Pflegebedürftigkeit kommt es daher nicht an.
Menschen sind behindert, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensjahr typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Um diese Beeinträchtigung zu beseitigen bzw. abzudämpfen, hat der Gesetzgeber 4 Leistungsgruppen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft entwickelt. Dies sind Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Diese Leistungen können nach § 17 Abs. 2 SGB 9 auf Antrag auch durch ein persönliches Budget erbracht werden.
Hierzu mal ein praktisches Beispiel: Meine Frau ist schwerbehindert und hat die Pflegestufe 3. Als vor 3 Jahren die Entlassung aus der Reha anstand, wurde ich vor die Entscheidung gestellt entweder meine Frau zu Hause zu versorgen oder in eine Pflegeeinrichtung zu geben. Ein Pflegeheim kam für mich absolut nicht in Frage. Nun hatten wir jedoch das Problem, dass ich noch mitten im Studium war und gerade meine Abschlussarbeit geschrieben habe. Ich konnte daher also meine Frau tagsüber nicht versorgen. Da meine Frau in die Pflegestufe 3 eingestuft worden ist, war die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst tagsüber zumindestens schon mal abgedeckt. Doch der Pflegedienst kommt lediglich mehrmals täglich und macht die Pflege. Doch damit ist es noch lange nicht getan, da meine Frau auch einen umfassenden Hilfebedarf in allen anderen Dingen des täglichen Lebens hat. Also haben wir ein persönliches Budget zur Förderung der Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben beim zuständigen Sozialamt beantragt. Es kamen dann zwei Mitarbeiter vom Sozialamt zu uns nach Hause und haben mit uns den Hilfebedarf besprochen. Das Persönliche Budget sollte im Arbeitgebermodell erbracht werden, d.h. wir stellen Arbeitskräfte ein, welche meine Frau tagsüber betreuen. Es kam dann irgendwann der Bescheid vom Amt. Wir haben dann zwei Assistentinnen eingestellt, die meine Frau von Montags bis Freitags in der Zeit von 7:30 bis 18:00 betreuen. Die Pflege wurde weiterhin vom Pflegedienst erbracht. Wichtig ist zu erwähnen, dass im sogenannten Arbeitgebermodell die Verantwortung und Organisation beim Budgetnehmer liegt. Also all die Verpflichtungen, die jeden Arbeitgeber betreffen.
Im obigen Beispiel handelt es sich um ein "einfaches" Persönliches Budget. Nun gibts jedoch noch das viel interssantere trägerübergreifende Budget. Bei dieser Budgetform sind mehrere Leistungsträger beteiligt. Dies können sein: Sozialamt, Krankenkassen, Pflegeversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung, Arbeitsagentur. Die dann budgetfähigen Leistungen sind vielfältig und können hier nicht alle genannt werden. Unter anderem sind folgende Leistungen Budgetfähig: Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, Häusliche Krankenpflege, Pflegegeld, zum verbrauch bestimmte Hilfsmittel Haushaltshilfe,Fahrkosten, Arbeitsassistenz etc.
Persönliche Budgets sollen in der Regel als Geldleistungen erbracht werden und nur in begründeten Ausnahmen als Gutscheine. Nun ist es so, dass für die Pflege grundsätzlich nur das Pflegegeld budgetfähig ist und nicht die Pflegesachleistung. Das heisst bei Pflegestufe 3 sind nur 700 Euro budgetfähig und nicht 1550 Euro. Dies macht das Persönliche Budget hinsichtliche der Pflegeleistungen schon wieder unatraktiv. Über Sinn dieser Regelung kann man freilich streiten. Ich habe jedoch von einigen persönlichen Budgets gehört, wo dennoch die Pflegekasse die vollen 1550 Euro budgetiert. Dies dürften aber eher Einzelfallentscheidungen sein.
Hierzu jetzt auch nochmal ein persönliches Beispiel. Meine Frau und ich ziehen in Oktober in eine andere Stadt und müssen daher auch wieder neue Arbeitskräfte einstellen. Wir haben uns aber diesmal für ein trägerübergreifendes Budget entschieden. Bisher wurde die Pflege von einem ambulanten Pflegedienst erbracht. Das Problem mit den Pflegediensten ist nunmal, dass immer unterschiedliche Pflegekräfte kommen und die Uhrzeiten fest sind. Beispielsweise kommt der Pflegedienst um 11 Uhr um einen Toilettengang durchzuführen. Blöd nur wenn man vorher schon auf die Toilette müsste. Man ist dann leider auch in der Tagesgestaltung sehr eingeschränkt, da man immer auf die Uhr schauen muss wann der Pflegedienst das nächste mal kommt. Wir haben daher eine Trägerübergreifendes Budget beantragt mit Sozialamt, Krankenkasse und Pflegekasse als beteiligte Leistungsträger. Es sollen dann zwei Arbeitskräfte eingestellt werden, welche meine Frau tagsüber sowohl betreuen als auch pflegen. So werden wir unabhäniger und können den Tag so gestalten wie wir es wollen und nicht wie es in den Ablauf des Pflegedienstes passt. Bisher ist der Antrag aber noch nicht durch.
Fazit. Das Persönliche Budget kann eine Bereicherung sein, welche ein selbstbestimmteres Leben ermöglicht. Problematisch ist jedoch, dass diese Leistungsform bei vielen Leistungsträger eher nicht bekannt ist. Auch sehen die Ämter das Persönliche Budget häufig als ein Instrument an um die Kosten zu drücken. Das ist natürlich völlig falsch, macht aber das Verfahren sehr schwierig und endet meist vor Gericht. Man brauch also einen langen Atem. Wir sind aber trotz aller Schwierigkeiten mit dem Persönlichen Budget sehr zufrieden gewesen.
Hier noch ein Link zu einer sehr informativen Seite
www.forsea.de/
Liebe Grüße
Christian