Hallo Bettnässer56
Mein Rat ist, dass Du deine Inkontinenz mit einem Arzt besprichst. Du wirst mit ganz grosser Wahrscheinlichkeit nicht sein einziger Patient mit diesem Problem sein, so dass der Arzt nicht schockiert sein wird. Abgesehen davon wird er das professionell angehen. Es gibt überhaupt keinen Grund, sich da Sorgen zu machen.
Im Gegenteil ist es sehr wichtig, dass Du Deine Inkontinenz medizinisch untersuchen lässt. Wenn man Harn verliert, ist das ein Symptom, hinter welchem ein gesundheitliches Problem steckt. Das kann harmlos oder gefährlich sein, aber wenn Du nichts unternimmst, wird das Problem vermutlich nicht von allein verschwinden. Bei mir z.B. war die Inkontinenz das erste Symptom einer Autoimmunkrankheit. Ich ging übrigens erst zum Arzt, als sich aus einer überaktiven Blase mit Entleerungsschwierigkeiten die Inkontinenz entwickelte.
Hinzu kommt, dass bei Inkontinenz die Entleerung oft gestört ist. Dies kann auf die Dauer zu einer Beschädigung der Blase oder - viel schlimmer - der Nieren führen. Nur aufgrund von Scham die Inkontinenz nicht ärztlich untersuchen zu lassen, ist also gar keine gute Einstellung. Bei mir sind die Nieren noch in einem guten Zustand, aber die Blase ist schon etwas durch meine Entleerungsstörung in Mitleidenschaft gezogen. Die Wand ist etwas dicker und ein wenig trabekuliert (sprich nicht mehr so glatt wie üblich).
Ich bespreche meine Entleerungsprobleme auch nicht mit jedem aus meinem Umfeld, halte dies aber auch nicht für nötig. Mein Eindruck ist, dass Du Dich sehr auf die Windeln und die Scham fokussierst. Inkontinenzhilfsmittel sind in erster Linie das, was ihr Name sagt. Sie helfen Betroffenen, durch den Tag und die Nacht zu kommen, ohne dass Kleider bzw. Bett nass werden und die Betroffenen Nässe spüren. Da gibt es nichts peinliches dabei, wenn Du aus diesem Grund welche trägst. Aber ja, es muss mich nicht jeder darin herumlaufen sehen, genau so übrigens, wie ich keine Lust darauf habe, die Unterwäsche bei anderen Menschen zu sehen. Vielleicht hilft es Dir, Deine Situation etwas mit Abstand und nüchtern zu betrachten. Wenn das Tragen von saugenden Hilfsmitteln Dich belastet, könntest Du es, wie ich oben schrieb, mit einem Urinalkondom versuchen (ich nehme an, Du bist ein Mann).
Es ist aber gut, dass Du Dich Deinem Freund geöffnet hast. Für mich ist die Inkontinenz nicht peinlich sondern vielmehr frustrierend. Die Kontrolle über Blase und Darm ist ein Grundbedürfnis des Menschen, und es ist belastend, wenn man dieses Grundbedürfnis nicht mehr unter Kontrolle hat. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir meine Inkontinenz nichts ausmacht. Manchmal hadere ich ziemlich mit meiner Situation, insbesondere, wenn es zu Stuhlverlust kommt. Aber dann werde ich mir bewusst, dass es in meinem Leben auch sehr viele schöne Dinge gibt und es mir eigentlich verdammt gut geht.
Alles Gute und herzliche Grüsse
Martin