question-circle Frage Seit Blasenmuskellähmung und ISK Gedankenexplosionen: Trinken - Ablassen

  • MichaelDah
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7 Stunden 8 Minuten her - 7 Stunden 6 Minuten her #52936 von MichaelDah
Hallo Petra, hallo Vallie,

Ich versuche mal, auf beide Fragen zu antworten… 

Also erstmal zum Thema Röntgen @Petra:

Ich denke, deine Urologin hat sich die Blase ja mit Ultraschall angeschaut. Da kann man schon bei einer mittleren Blasenfüllung die Dicke der Blasenwand recht gut beurteilen. Wenn die Blasenwand nicht verdickt ist, wird man auch kaum eine Trabekulierung finden. 

Eine verdickte Blasenwand zeigt ein verstärktes Muskelwachstum an, das für die typische Trabekulierung überhaupt erst die Voraussetzung ist. Genau das lässt sich aber, wie gesagt, mit Ultraschall recht gut erkennen und auch vermessen. Wenn man da etwas findet, wird man ggf. auch noch mal eine Röntgenaufnahme machen - wenn nicht, dann nicht.

Das Ausstülpungsproblem besteht ja darin, dass sich der Muskel durch den immer größeren Druck, den er dank seines Wachstums aufbaut, am Ende quasi selbst zerstört. Da das Muskelgewebe innerhalb der Blase nicht überall gleich stark ist, werden die schwächeren Teile durch den aufgebauten Druck irgendwann nach außen gedrückt und die Ausstülpungen entstehen. An diesen Stellen kann der Muskel dann keine Kraft mehr aufbauen und je mehr Ausstülpungen entstehen, umso weniger Druck kann aufgebaut werden und am Ende kommt es dann zum Harnverhalt und viel Restharn. 

Das ist aber ein relativ langsamer Prozess, der über Jahre gehen kann. Da in deinem Fall aber überhaupt kein Druck aufgebaut wird, kann da auch nichts Trabekulieren - es sei denn, das ist bereits vorher passiert. Das hätte man dann aber sicher schon beim ersten Ultraschall gesehen.

Das eine hypothone Blase, keine neurologische Ursache hat, ist eher ungewöhnlich - jedenfalls wenn sie nicht Trabekuliert ist oder anderweitige physische Schäden aufweist. Es ist schon so, dass eine neurogene Blasenstörung i.d.R. nur dann diagnostiziert wird, wenn es eine entsprechende Analogie bei der neurologischen Diagnostik gibt. Die Frage ist halt, wie intensiv danach bereits gesucht wurde.

Prinzipiell deutet eine hypothone Blase erstmal auf Probleme im Sub- oder Lubosakralbereich hin. Wenn MS und Tumore ausgeschlossen wurden, gehe ich mal davon aus, dass mindestens ein MRT von der Lendenwirbelsäule gemacht wurde. Wenn da nichts gefunden wurde, ist das schon recht merkwürdig. 

Warst du diesbezüglich schon mal in einem Kontinenzzentrum, das auch eine Neurourologie hat? Leider ist es so, dass die „normalen“ Neurologen und auch Urologen mit komplexeren neurourologischen Problemen zuweilen überfordert sind - b.z.w. nicht die entsprechende Ausstattung haben, um hier eine erweiterte Diagnostik durchzuführen. Das funktioniert oft nur in einer Klinik mit neurourologischer Abteilung. Wenn also nicht schon geschehen wäre, ist es sicher noch mal eine Überlegung, die Sache in einer passenden Klinik noch mal genauer untersuchen zu lassen - auch um mögliche weitere Probleme auszuschließen.


Zum Thema 400ml und ISK @Vallie

Die 400ml sind ein Richtwert, der sich am „normalen“ Blasenvolumen orientiert. Geht man darüber hinaus, werden Dehnungsschäden wahrscheinlicher und das Reflux-Risiko größer. Prinzipiell kann die Blase ja nicht nur durch Trabekulierung, sondern auch durch Überdehnung geschädigt werden. Das passiert auch gar nicht mal so selten. 

Ein typisches Beispiel wäre die Schädigung im Zusammenhang mit Diabetes. Hier ist neben der diabetischen Polyneuropathie auch oft eine Dehnungsschädigung der Blasennerven zu beobachten, die dann dazu führen kann, dass der/die Betroffene keinen Harndrang mehr spürt.

Darüber hinaus hast du - wenn das „Limit“ erreicht ist, natürlich auch immer das Problem, dass es einen Reflux in die Nieren geben kann - was unbedingt zu vermeiden ist. Gemeiner Weise merkt man das dann auch nicht, weil i.d.R. ja die Wahrnehmung dafür bereits weg ist.

Ein weiterer Punkt ist, dass die Überdehnung die Blase auch von innen schädigen kann, was dann auch zu Schäden an der GAG-Schicht führen und das Entzündungsrisiko erhöhen kann.

In deinem und meinem Fall liegt die Sache auch noch etwas anders als bei Petra. Wir haben ja beide - wenn ich dich richtig verstanden habe - ein Hochdruck-System. In unseren Fällen ist die Blase ja durchaus in der Lage, Druck aufzubauen, was dann bei den unwillkürlichen Detrusor-Kontraktionen zur Inkontinenz führt. Hier ist neben der Blasendruckkontrolle und ggf. der medikamentösen Dämpfung des Muskels besonders wichtig, dafür zu sorgen, dass das Volumen nicht zu groß wird, weil das Risiko des Reflux stark ansteigt und natürlich auch hier ein viel größeres Trabekulationsrisiko besteht.

Das ist bei uns noch kritischer als bei Petra - obwohl man natürlich auch bei einer schlaffen Blase aus den o.g. Gründen eine Überfüllung vermeiden sollte.


Viele Grüße 
Michael
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  • Vallie
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4 Stunden 41 Minuten her #52938 von Vallie
Hallo Michael,

viele Dank, dass  Du alles nochmal so ausführlich aufgedröselt hast.
Bei mir liegt allerdings auch eine schlaffe Blase vor, ich dachte, der von mir verwendete Begriff der atonalen Blase sei das Gleiche. Mein Bandscheibenvorfall war L5/S1, Läsion des unteren Motoneurons.
Ich glaube, da ist es immer eine schlaffe Lähmung.
Da Petra gleich zu anfangs von einer schlaffen Blase schrieb, schienen mir hier meine Erfahrungen auch weitgehend übertragbar, grade, weil es keine Gefahr bezüglich zu hoher Drücke und potentiellen Auswirkungen auf die Niere gibt.
Bei mir liegt die wohl eher seltene Kombi vor von schlaffer Blase mit kompletten Harnverhalt, wie auch bei Petra, mit einer ausgeprägten Belastungsinkontinenz, die wohl auf die gleichfalls nicht mehr funktionierenden Sphinkter zurückzuführen ist.
Wie auch immer, mit allen Streberqualitäten, die wir wohl alle aufweisen ( ich habe natürlich auch eine App, in der ich jedes ISK, jeden Harnverlust eintrage...) heißt es wohl: Akzeptanz der Unlogik!
War grade draußen unterwegs, 950ml in drei Stunden, kopfschüttelkopfschüttel

Grüße  von Valerie

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  • Petra 69
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2 Stunden 56 Minuten her #52939 von Petra 69
Hallo Michael!

Genau, meine Blase wurde von drei Urologen per Ultraschall gecheckt. Meine jetzt aktuelle Urologin, mit der ich wirklich endlich eine tolle Ansprechpartnerin gefunden habe, hat exakt sehen können, dass kein Blasenmuskel mehr vorhanden ist.

Sie sagte auch, ebenso wie du, dass es ein längerer Prozess ist, bis man den Zustand erreicht hat, in dem ich mich jetzt befinde.
Eigentlich hätte das meinem Gynäkologen bei den Vorsorgeuntersuchungen schon von längerem aufgefallen sein müssen, aber ich bekam nach jeder Untersuchung stets nur positives Feedback.

Richtig massiv war für mich der Monat August, in dem ich erst in Schottland und dann in Norwegen zum Wandern im Urlaub war und gerade in Norwegen nur noch meinen Bauch auf die Oberschenkel gepresst habe, um überhaupt noch Urin ablassen zu können.
Dann hatte ich mir sofort einen Termin zu Blasenspiegelung geholt, die aber nicht, wie geplant, am 5. September erfolgen konnte, weil der erste Urologe anhand der Urinprobe feststellte, dass ich einen HWI hatte. Also Cotrim und am 12.9. schließlich die Spiegelung. 
Das war dann der Alptraumtag meines Lebens. Ich hatte doch extrem viel Harn, die der Urologe abgelassen hat, bevor dann die Spiegelung begann. Nach der Spiegelung entließ er mich und sagte, es sei alles super: keine Blasensenkung, keine Steinchen, kein Tumor - tschüss!
Und am selben Abend kam ich dann in die Notaufnahme unseres kleinen Krankenhauses, da ich null Komma gar nichts mehr ablassen konnte. Dort habe ich dann einen Dauerkatheter bekommen und nach dem Wochenende mit dem Dauerkatheter war ich dann wieder in der Praxis meines Urologen, der mir nur mitteilte (das schrieb ich irgendwann schon einmal), dass ich nun immer auf den Dauerkatheter angewiesen sei und alle sechs Wochen zum Wechseln in seine Praxis kommen soll. Wumms!

Zum neurologischen Bereich: in unserer Nachbarstadt Kiel hatte ich super schnell einen Termin bei einem fantastischen Neurologen bekommen. Der hat wirklich ALLES abgecheckt und ich bekam neben einem Hirn MRT auch noch ein MRT der gesamten Wirbelsäule, auch wenn Lendenwirbelsäule und untere Brustwirbelsäule eigentlich ausgereicht hätten. Er wollte aber auf Nummer ganz sicher gehen. Und es wurde nichts Neurologisches als Ursache gefunden.
Dieser Neurologe sorgte auch dafür, dass ich mit Hilfe eines von ihm ausgestellten Gutachtens auch umgehend einen Euro-Schlüssel bekam.

Es folgten noch verschiedene weitere Untersuchungen bei unterschiedlichen Ärzten und dann war eigentlich alles auszuschließen. Kein Diabetes, keine MS, eben kein gar nichts, nur ein riesiges Fragezeichen.

Ich habe übrigens vom ersten Tag an immer versucht, in (Universitäts)-Kliniken einen Ansprechpartner / Urologen kontaktieren zu können oder mich auch stationär aufnehmen zu lassen.
Aber telefonisch blieb ich meistens an der Info hängen, die versuchte, mich durchzustellen, aber keiner ging ans Telefon.
Auch meine Freundinnen, die ich angesetzt habe, in verschiedenen Kliniken stellvertretend für mich anzurufen, gelang kein Durchbruch.
Es war wirklich unfassbar!!! Und ich war richtig am Ende!!!

Deine Idee, mich in einer neurourologischen Abteilung in einer Klinik vorzustellen, klingt gut. Auf den Vorschlag ist bisher noch niemand gekommen.
Ich werde mit meiner Hausärztin sprechen und mich mal durchgoogeln, was es hier im norddeutschen Raum so geben könnte.

Allerdings steht mir jetzt tatsächlich auch so ein kleines Bisschen mein Neustart ins Arbeitsleben im Weg. 

Ich bin ein totales Arbeitstier und freue mich wie blöd auch den 3. Dezember, wenn ich meine höchst umfänglich pubertierenden und liebevoll-chaotischen beiden Klassen wieder in die Arme schließen kann. 

Ja, ich weiß, Gesundheit geht vor, aber eventuell wieder raus aus meinen crazy Klassen...ich muss heulen!!! 
Und meine Schule hat mir ein so wunderbares neues, eigenes Klo gebaut, dass ich sorglos wieder den Schulalltag aufmischen kann.

Vieeelen Dank nochmal, dass du Valerie und mir eine so umfangreiche, und sehr gut verständliche Erklärung gegeben hast. Diese Thematik ist wirklich unglaublich komplex und sehr individuell zu beleuchten.
Ich freue mich auf weitere Chats mit dir! 

Liebe Grüße
Petra
 

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  • Petra 69
  • Petra 69s Avatar Autor
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1 Stunde 44 Minuten her #52940 von Petra 69
Hallo Valerie!

Das wird eine Doppelantwort...

... erstmal, weil es schneller geht, zu deinem neuesten Chat und deinem Spaziergang...
Was für eine absoluter Wahnsinn!!! Wenn man diese Mengen im Becher sieht, kann man es krass gar nicht fassen, wo das vorher alles IN dir "gelagert" wurde. Und dann wieder die Gedanken: oh man, ich habe natürlich wieder nichts gemerkt und diese großen Mengen sind ja auch nicht wirklich gut... :ohmy:

Und dann: du dokumentierst echt alles in einer App??? Hihihi...genau, die totale Anti-Logik wird von dir überwacht. :silly:

Ich merke mir Trink- und Ablassmengen immer so für drei Tage im Kopf und erkläre mir immer wieder, dass es keine Erklärung gibt und schiebe die Zahlen dann aus meinem Gehirn...bis ich dann doch wieder anfange, mir alles zu merken...für nichts!

Matti hatte das ja schon so schön erklärt, dass unser Gehirn komplett anders denkt, als unser Körper letztendlich Flüssigkeiten verarbeitet.

... dein "älterer" Beitrag von heute Morgen:
-  Katheterwahl: tatsächlich habe ich vor einer Woche ProLife entdeckt, als ich bei Google nach dem "ultimativ besten" Katheter     gesucht habe. Dort musste ich meine Kontaktdaten hinterlegen und bekam innerhalb eines Tage einen Rückruf einer sehr 
   netten Mitarbeiterin. Als ich ihr sagte, dass ich den Luja verwende, war das Gespräch recht schnell zu Ende, denn sie sagte,
   das sei schon der Ferrari und sie könne mir nichts Besseres anbieten.
   Okay, wunderbar, ich bin auch wirklich zufrieden, bis auf sein Roll-weg-Verhalten und ich ihn immer in ein Glas stecken muss.
   Du kannst ja easy deine Jackentasche, Bauchtasche o.ä. nutzen - genial!

Und jetzt bringst du das Thema wieder ins Spiel und du hast ja total Recht.
Coloplast war damals per Zufall meine erste Wahl und ich bin ja eigentlich auch sehr zufrieden, aber warum soll ich nicht noch zufriedener (neuer Komparativ :)) werden? Ich werde mir im April tatsächlich weitere Exemplare bestellen und dann möglicherweise meinen Ferrari in der Garage parken.

Und mir geht es so wie dir: ohne Dessie ist es wirklich sehr viel unkomplizierter (wir bekommen bestimmt Haue, weil: laut Lehrbuch MUSS Dessie ja sein).

-  Spiegel: ich habe gestern ein neues Modell erhalten. 
   Heißt BRIGHT und kommt aus den Niederlanden. 
   Mit 52 € nicht so ganz günstig, aber super toll für unter die Klobrille. Und das Highlight: das eingebaute LED-Lämpchen
   schafft es tatsächlich, etwas über 30 cm weit zu leuchten!!!  
   Gut, zum oben Drauflegen nicht geeignet, aber sonst großartig.
   Du empfiehlst eine Antirutschmatte - ist das echt zuverlässig? Ich habe es ja mit Saugnupties versucht und das hielt noch
   schlechter als null.. 
   Deinen "Fingerspiegel" finde ich irre lustig, kann mir das aber absolut nicht vorstellen.

Tja, und abschließend muss ich feststellen, dass wir hier inhaltlich vom übergeordneten Thema wieder einmal teilweise schön abgedriftet sind.

Aber es war wieder sooooooo toll, von dir zu lesen, ebenso die Infos von Michael! 
Happy Petra verabschiedet sich jetzt erstmal in Richtung kuscheliges Bett!
Bis demnächst mal wieder...

Hab eine gute Nacht und ein hoffentlich "Ablassmengen-entspanntes" Wochenende!
Petra

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  • MichaelDah
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6 Minuten her #52941 von MichaelDah
Hallo Vallie,

Manchmal liegt die Tücke liegt wie so oft im Detail - also muss ich bei deiner Frage nach Schlaff = Atone Blase etwas weiter ausholen.

Den Begriff der atonalen Blase gibt es so eigentlich nicht. Prinzipiell gibt es eine schlaffe (hypothone) Blase, eine spastische (hypertone) Blase und ggf. auch eine Mischform davon. Letztere tritt oft bei einem inkompletten Querschnitt auf. Eine atone Blase wird zum Teil auch mit einer neuerogenen Blase gleichgesetzt - aber die ist halt nicht unbedingt nur schlaff.

An der Stelle muss ich erstmal nachfragen:

Du schreibst, du hast einen Bandscheibenvorfall auf der Höhe L5/S1. Das ist oberhalb des spinalen Miktionszentrums, das sich von S2-S4 erstreckt. Damit wäre das obere und nicht das untere motorische Neuron betroffen. 

Grundsätzlich gilt: 

- Läsion des oberen motorischen Neurons entspricht einem Hochdrucksystem
- Läsion des unteren motorischen Neurons entspricht einem Niederdruck-System.

Zum Niederdruck-System kann es übrigens auch durch eine chronische Überdehnung kommen. Das kann auch zu einer schlaffen Blase führen - wie sie möglicherweise Petra hat.

Hat das untere motorische Neuron bei dir wirklich auch was abbekommen oder war da nicht das andere rechts sonder das andere unten gemeint :-) ?

Viele Grüße
Michael

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