Schonendes OP-Verfahren bei Inkontinenz
Blasenschwäche gehört immer noch zu den großen Tabuthemen, wenn es um Gesundheit geht. Dabei leidet jede fünfte Frau an dem ungewollten Harnverlust, der oft schon durch leichte körperliche Belastungen wie Heben, Niesen, Husten, Lachen, Hüpfen ausgelöst werden kann. Zur Behandlung dieser Belastungsinkontinenz gibt es seit 1995 ein Behandlungsverfahren, das mittlerweile zur Standardtherapie zählt. Bei diesem Verfahren, genannt TVT (Tension-free Vaginal Tape), wird ein Bändchen aus synthetischem Netzmaterial spannungsfrei unter der Harnröhre der Frau platziert und die Harnröhre wieder angehoben. Damit wird der natürliche Halteapparat von Blase und Harnröhre, der bei dieser Form der Inkontinenz nicht mehr richtig funktioniert, gestrafft und so der Verschlussmechanismus der Harnröhre wieder hergestellt.
Eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens, mit der die Patientinnen in Zukunft noch schonender operiert werden könnten, wurde am Rande des Urologenkongresses in Hamburg vorgestellt. Bei der bisherigen TVT-Operation waren für das Einsetzen des Bändchens noch zwei kleine Hautschnitte erforderlich, und das Bändchen musste durch mehrere Muskelschichten hindurch bis an die Harnröhre herangebracht werden. Bei dem neuen, verbesserten Verfahren, das von der Firma Ethicon entwickelt wurde, sind keine Hautschnitte mehr nötig. Der Arzt führt das etwa acht Zentimeter lange Bändchen über einen kleinen Schnitt in der Scheidenwand ein und platziert es unter der Harnröhre. An beiden Enden des Bändchens befindet sich ein spezielles Vlies, mit dem das Implantat in der Muskulatur hinter den beiden Schambeinästen verankert wird. Das Vlies löst sich im Körper auf, und das Bändchen verwächst innerhalb von sechs Wochen mit dem Gewebe.
Maßgeblich an der Entwicklung des neuen Verfahrens war Dr. Ingo von Leffern, Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie an der Asklepios-Klinik Nord Heidberg. Er hat bereits die erste Patientin nach der neuen Methode operiert. Sowohl Dr. von Leffern als auch Prof. Heinz Kölbl aus Mainz, der bereits 12 Patientinnen operiert hat, sehen in dem Verfahren eine Möglichkeit, Patientinnen schonender behandeln zu können, sodass sie nach dem Eingriff weniger Schmerzen haben. Auch das Risiko, beim Einsetzen des Bändchens Nerven oder Blutgefäße zu verletzen, sei geringer.
erschienen am 22. September 2006
Quelle: Hamburger Abendblatt