Liebe Freunde,
es hat ein wenig gedauert, bis ich mich von meinem stimmungsmäßigen Tief wieder erholt habe, war ein paar Tage überhaupt nicht fähig, nur einen geraden Gedanken zu formen.
Zuerst könnte man es mit Dr. Faustus zitieren. "Da steh ich nun ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor"
5 Ärzte, 10 Meinungen. Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Begonnen hatte es am Abend vor meiner Abreise nach Innsbruck, da bemerkte ich in meinem Spontanharn, der schon recht gut funktionierte (ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits regelmäßig <100ml Restharn), weiße Flocken. Und zwar richtig viele, es sah aus wie in einer Schneekugel. In der Früh war ich bei meinem Arzt, der stellte im Urin fest: Blut, Protein und Leukozyten. Kein Nitrit. Zu dem Zeitpunkt war ich noch unter i.v. Therapie mit Ceftriaxon. Bislang war ja mein Harn unauffällig, nie Leukos oder Blut, geschweige denn Protein. Er hat es als neue Infektion durch den SPK interpretiert und verschrieb mir Unidrox, wie ich heute weiß ein ziemlich sinnloses Unterfangen, da es, so wie das erste Antibiotikum das ich erhielt ein Gyrasehemmer ist und der hat ja schon beim ersten Mal keinen Effekt gehabt.
Der Katheterharn war immer ohne Flocken, ich habe dann selbst mit Harnteststreifen gemessen, ebenfalls Blut, Protein und Leukos, kein Nitrit. Gleichzeitig mit dem schlechten Harnbefund begannen dann wieder die Schmerzen in der Harnröhre und der Spontanharn verschlechterte sich. Kein Wunder also, dass ich bei der Video-Ureografie in Innsbruck "durchfiel".
Die Neuro-Urologischen Untersuchungen in Innsbruck ergaben also:
1) Evoziertes Potential gemessen am Nervus pudendus: keine Störung (na immerhin, gelähmt bin ich in dem Bereich also nicht)
2) Detrusorschwäche, nach 2-3 Sekunden erschöpft sich die Blase. Da hatte ich nach einem Füllvolumen von 500ml dann noch 400ml Restharn, 100 wurde ich nur noch mit Bauchpresse los.
Aufgrund meiner Beschwerden in der Harnröhre wurde ein Kontraströntgen der Harnröhre angefertigt und das ergab einen unschönen Befund, der Arzt meinte, sie sieht aus, "als ob ich in den letzten Jahren mehrmals Tripper gehabt hätte". Ich hatte nie Beschwerden, doch erstaunte mich der Befund nicht, denn die Harnröhre fühlte sich auch so an. Es wurde dann Abstrich Nummer 2 gemacht (der erste anfänglich in Wien war ja negativ). Ergebnis liegt noch nicht vor.
Die Interpretation in Innsbruck war, dass ich eine jahrelange chronische Blasenüberdehnung mit unbemerktem Restharn hatte und dadurch infektanfällig wurde. Welchen Infekt ich jedoch bekommen habe, außer der angezweifelten Borreliose, blieb bis heute unklar. Mein behandelnder Neurologe in Wien zweifelte wiederum diese Theorie an, da ich zuerst den Infekt und im Laufe des Infekts eine vorübergehende komplette Blasenlähmung hatte, die sich nach der Ceftriaxon Behandlung deutlich besserte. Er meinte auch, dass die Ableitung am N. pudendus alleine noch keine Nervenstörung ausschließt und die Aussage einer alleinigen Detrusorschwäche nicht rechtfertigt.
Wir haben dann lange das Henne- und Eiproblem diskutiert und waren uns aber schließlich alle einig, dass es unerheblich ist, da ich erwiesenermaßen nun eine Detrusorschwäche und gleichzeitig eine Harnröhrenentzündung habe, also eine kranke Henne und ein krankes Ei und daher beide behandelt werden müssen und wer zuerst krank war ist dabei unerheblich. (Das erinnert an die Streitigkeiten von Paaren, wer sich bei wem angesteckt haben könnte und im Zweifelsfall hat man sich immer beim oder bei der Ex angesteckt und wenn man keine Ex vorweisen kann, dann ist man ab sofort selbst der Ex)
Mir wurde in Innsbruck der SPK getauscht, der tat dann vier Tage ziemlich weh und ich erhielt die Empfehlung, so bald wie möglich auf ISK umzustellen, was ich mir aber derzeit bei der brennenden Harnröhre gar nicht vorstellen kann. Ich soll ein halbes Jahr selbst katheterisieren und dann zur Kontrolle wieder nach Innsbruck kommen, hat sich mein Detrusor verbessert, kann man mit einer 14-tägigen Elektrostimulationstherapie versuchen, ihn noch weiter zu verbessern. Auch ein Schrittmacher wäre durch die intakten Nervenleitungen in Erwägung zu ziehen. In Wien berichtete ich alles meinem Urologen, der veranlasste Abstriche Nr. 3, diesmal direkt im Mikrobiologischen Labor, die sich dort sich verwundert zeigten, dass mein erster Abstrich nicht zu ihnen kam, sondern in die Bakteriologie, wo man ja gar nicht alles untersuchen würde. Auch meinte man, dass es von den Ärzten nicht vernünftig wäre, zuerst ein Antibiotikum blind zu verordnen und wenn das nicht hilft, danach ein Antibiogramm anzufordern, das sollte man umgekehrt machen. Aber wozu erklären sie es dem Patienten? Soll ich als Bote zwischen den Ärzten auftreten? Wie auch immer, wurden einige Abstriche mit diversen Bürsten, Watte, Stäbchen und anderen Folterwerkzeugen gemacht und auf verschiedenen Medien und für PCR aufgetragen, ich soll die nächsten 10 Tage kein Antibiotikum nehmen und bei negativem Befund gegebenenfalls die Abstriche wiederholen lassen (und dann wieder 10 Tage warten).
Am Tag nach den Abstrichen hatte ich den ganzen Tag sichtbares Blut im Urin, das verging aber auch am nächsten Tag nicht, zusätzlich tat die Blase höllisch weh und die Harnröhre fühlte sich an, als ob sie verstopft wäre, also bin ich wieder ins Spital, dort machte man eine small part Sonografie, aber alles unauffällig, der Arzt verschrieb mir auf Verdacht ein Doxycyclin, das nehme ich aber derzeit nicht ein, weil ich zuerst den Keim, wenn es denn einer ist, kennenlernen möchte und dann auch wissen möchte, gegen welches Antibiotikum er sensitiv ist. Geschossen wird nur noch gezielt, dann aber scharf. Ich habe jetzt 40 Tage drei verschiedene Antibiotika in mir und meine Darmflora ist mit mir zusammen am Boden.
Dann war ich noch bei einer TCM Ärztin, die hörte sich alles an und meinte auch, dass es momentan nicht vernünftig ist, noch eine weiteres Antibiotikum einzunehmen, auch wenn ich nach wievor Blut, Protein und Leukos sowie Schneeflocken im Harn sowie die dazu passenden Schmerzen habe. Zeitweise konnte ich nur mit starken Schmerz-Tropfen schlafen. Bei der TCM lag ich 20 Minuten mit Nadeln im Kopf, Armen, im Bauch und zwischen den Zehen am Tisch und war danach den ganzen Abend schmerzfrei, was für mich wie ein Wunder war, aber am nächsten Morgen war es wie davor. Ich habe nächsten Dienstag dort wieder einen Termin und habe eine spezielle Teemischung bekommen.
Ansonsten Warten auf den Mikrobiologischen Befund und Hoffen, dass sich die Blase wieder erfängt. Muss das Ganze mit meinem Neurologen noch besprechen. Mir geht es mittlerweile auch echt auf die Nerven, dass ich solange schon im Krankenstand bin, auch wenn es zuhause natürlich viel besser als im Spital ist, aber das Grübeln hat wieder begonnen und die vielen unterschiedlichen Meinungen der Ärzte und das Rätseln, was es nun ist, machen mich wieder ziemlich mürbe.
So, jetzt habe ich genug gelabert und habe noch eine Frage an euch. Welchen Katheter für ISK könnt ihr empfehlen, ich soll einen hydrophilen mit gerader Spitze nehmen, aber da gibt es so viele unterschiedliche Produkte und Nummern, dass ich mich nicht auskenne.
Danke und ich freu mich, wieder von euch zu hören!
Johannes