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Wollen wir eine Welt "ohne" Behinderte?

24 Aug 2016 08:59 #11 von Bezzera
Guten Morgen,

ich habe gestern mit mir gehadert, ob ich zu diesem Thema überhaupt etwas schreibe, denn ich reagiere dazu oft sehr emotional und radikal. Trotzdem versuche ich sachlich und objektiv meinen Senf dazu zu geben.

Die aktuelle Diskussion und Entwicklung halte ich persönlich seit Jahren schon für sehr gefährlich. Auf der einen Seite wird von der Politik viel Bohai um die Integration behinderter Kinder und Menschen gemacht, auf der anderen Seite fördert und fordert man mehr pränatale Disgnostik um Behinderungen zu erkennen. Der Trend zeigt es ganz klar: Wird eine mögliche Fehlbildung oder Behinderung disgnoatiziert, wird in den meisten Fällen nicht nur bei Down Syndrom abgetrieben, die Chanven dafür liegen bei >50%.

Mir persönlich fehlt da eindeutig Aufklärung, dass ein behindertes Kind nicht das Ende des Lebens oder der Familie bedeuten muss und welche Chancen man heutzutage trotz einer Behinderung haben kann. Gerade für Menschen mit Down Syndrom gibt es sehr qualifizierte Therapien, Operationsmöglichkeiten etc. um diese Menschen best möglich zu fördern und ihnen ein selbstständiges oder begleitetes Leben zu ermöglichen.

Behinderung heißt auch nicht, dass Eltern sich ihr Leben lang für das Kind aufopfern müssen und dass es nach dem Tod der Eltern in einem Heim dahin vegetieren muss, auch wenn es schwerst behindert ist. Es gibt mittlerweile sehr viele Lebensmodelle, in Form von selbstständigen Wohngruppen, Persönliches Budget usw. die Menschen trotz starker Einschränkungen ein selbstständiges Leben ermöglicht. Vorraussetzung ist aber, dass man sein Kind mit Behinderung von Anfang an zu Selbstständigkeit erzieht und es nicht von allem Übel fern hält. Leider versuchen immer noch viele Eltern ihre Kinder mit Behinderung von allem negativen oder selbstständigen Leben fernzuhalten, da wird all zu oft der Beschützerinstinkt aktiviert und verstärkt.

Das die Pränataldiagnostik immer weiter gefördert wird ist in meinen Augen aber auch wirtschaftlich gewollt. Ein Mensch mit Behinderung ist ein Kostenfaktor für die Gesellschaft und passt auch optisch nicht zu einer starken Gesellschaft. Das kann man immer wieder erleben, im Kontakt mit anderen Menschen oder bei Kämpfen um Hilfsmittel. Meine Frau z.B. fährt teilweise ihren Rollstuhl immer noch selber, obwohl sie mit den Armen dazu nicht mehr in der Lage ist. Die Sondersteuerung für den Mund hat fast 20.000€ gekostet. Und das ist noch günstig nach oben hin ist alles offen und es ist ja nicht das einzige Hilfsmittel, das sie in ihrem Leben bekommen hat: Rollstuhl mit E-Fix knapp 6.000€, angepasste Sitzschale für den Rollstuhl 3.000€ Plfegerahmen 3.000€, Umfeldsteuerung 25.000€, umgebautes Auto zum Erreichen des Arbeitsplatz 45.000€ und im Verlauf ihres 40-jährigen Lebens natürlich teilweise mehrfach. Da kommen im Leben mehrere hunderttausend € und teilweise auch noch mehr zusammen, wenn man Pflegegeld, Integrationskosten etc. aufaddiert. Nicht alle schwerbehinderten Menschen haben einen so hohen Kostenfaktor, aber ich schätze mal in D sind es von den 7,5 Mio. Menschen mit Behinderung bestimmt 1-2 Millionen mit erhöhtem Bedarf. Das macht wirtschaftlich locker einige Milliarden im Jahr aus.

Da wäre es doch schön, wenn man diese Kosten durch "verhinderung von Behinderung" sparen könnte. Und wir erleben es alle durch Diskussion und Ablehnung von Anträgen.

Außerdem: Andere entscheiden über das Leben anderer. Man kann das Kind ja vor der Geburt nicht fragen, ob es leben möchte oder nicht? Wo ist da die Selbstbestimmung? Meine Frau liebt ihr Leben, sie lebt gerne, hätte man sie abgetrieben, hätte sie das nie herausfinden können.

LG
Gregor
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24 Aug 2016 17:47 #12 von Elkide
Hallo ihr Lieben,

grundsätzlich stimme ich ja mit euren Positionen überein. Für mich persönlich würde sicherlich nie eine Abtreibung infrage kommen. Aber ich kenne genug Familien, die sind an der Belastung zerbrochen. Wenn Eltern sich - aus welchen Motiven auch immer - dazu entschließen, das Kind nicht zu bekommen - steht es mir einfach nicht zu, darüber zu urteilen. Ich glaube nicht, dass alle werdenden Eltern diese Entscheidung leichtfertig treffen! Für mich hat diese Diskussion so den Touch des erhobenen, moralischen Zeigefingers. Fortschritte in der Medizin werden begrüßt, aber die nicht in mein Weltbild passen, sind moralisch verwerflich. Schon die Überschrift: Wollen wir eine Welt ohne Behinderte passt m. E. überhaupt nicht. Nur 20 Prozent der Behinderungen sind genetisch oder angeboren. Wir hätten ja auf jeden Fall noch die 80 Prozent der Behinderten, deren Handicap durch Krankheit, Unfall usw. entstanden sind. Diese 80 Prozent (also eine deutliche Mehrheit) bleibt uns doch auf jeden Fall erhalten! Reicht das nicht?

Ich finde nach wie vor, dass sich dieses Thema nicht für eine Diskussion im Forum eignet. Sollte es so kommen, habt doch Vertrauen in eure Kinder und Enkelkinder, dass sie die für sich richtige Entscheidung treffen!

Liebe Grüße
Elke

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24 Aug 2016 18:37 - 24 Aug 2016 18:43 #13 von Matti
Liebe Elke,

Wir hätten ja auf jeden Fall noch die 80 Prozent der Behinderten, deren Handicap durch Krankheit, Unfall usw. entstanden sind. Diese 80 Prozent (also eine deutliche Mehrheit) bleibt uns doch auf jeden Fall erhalten! Reicht das nicht?


Es kommt zwar selten vor, aber manchmal frage ich mich, ob vor dem Absenden des Geschriebenen auch noch ein kleiner Moment der Besinnung stattfindet.
Ansonsten würde ich diesen dringend empfehlen! Und nein, ich habe dich nicht missverstanden. Du schreibst sehr klar.

Manchmal bin ich einfach sprachlos.

Ich muss mich gewaltig zusammenreißen, hier keine weitere Stellungsnahme abzugeben.

Matti

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24 Aug 2016 18:37 #14 von Maulwurf
Hallo Elke,
Ich sehe das nach wie vor anders, ich finde das sind ethisch moralische Fragen die eine Gesellschaft klären muss und nicht jeder Einzelne für sich. Noch mal: es geht mir explizit nicht um die Entscheidung einer Abtreibung oder nicht (denn die muss tatsächlich jeder Einzelne für sich treffen und verantworten).

Es geht mir um die Frage, Ob wir dies fördern wollen. Und eben sogar den Druck auf die Eltern erhöhen wollen, Abtreibungen somit fördern wollen (Heute musst doch niemand mehr ein behindertes Kind kriegen, ein gern gesagter Satz inzwischen).

Und ich möchte auch noch einmal betonen, es wäre ein ganz anderer Sachverhalt, wenn es hier um die Möglichkeit einer Heilung Ginge.

Maulwurf
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24 Aug 2016 19:09 - 24 Aug 2016 21:17 #15 von Matti
Ich kann nicht anders...


Die stille Selektion

Noch Anfang des Jahrtausends wurde theoretisch diskutiert, ob der Mensch seine genetische Entwicklung selbst in die Hand nehmen solle. Für Betroffene ist zumindest die Selektion heute schon gegeben. Die Behindertenorganisation Lebenshilfe kritisiert den "Automatismus, mit dem die Schwangerenvorsorge und die Aussonderung behinderter Ungeborener derzeit verknüpft werden", und warnt vor einem "Leben nach Maß".

Dass solche Befürchtungen nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigen die Worte eines der wissenschaftlichen Väter des ersten Retortenbabys, Bob Edwards. Der Mediziner prophezeite, es werde bald "eine Sünde sein, wenn Eltern ein Kind mit schweren Behinderungen zur Welt bringen".

Eltern spüren den gesellschaftlichen Druck bereits jetzt.

In welcher Welt leben wir eigentlich? Manche Aussagen hier sind moralisch und ethisch kälter als der Nordpol. Wir diskutieren hier über den Mord an Kindern (in weit fortgeschrittenden Stadien - 20. Woche), der ausschließlich deshalb durchgeführt wird, weil man ein Kind mit Behinderung verhindern will. Mensch, fast alle diese abgetriebenen Kinder wären lebensfähig und könnten ein gutes Leben führen. Geht mal zur Lebenshilfe oder in einen Kindergarten mit Frühförderung. Da kannst du das Leben pur sehen und das Glücksen vor Lebensfreude hören. Danach würdet ihr heulend ob eurer Worte hier dort rauslaufen.

Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Fortschritt der Medizin zu tun. Es hat mit einem Verfall von Werten, Moral und Ethik, Selbstsucht und Egoismus zu tun, der allgegenwärtig in unserer Gesellschaft zunimmt.

Die Ethik rennt dem Fortschritt hinterher.

Sorry, aber ich kann und werde niemals anders argumentieren. Ich bin Schwerstbehindert! Wenn einem Kind mit Behinderung das Lebensrecht abgesprochen wird, dann wird auch mir das Lebensrecht abgesprochen! Ja, das meint ihr natürlich nicht, ist mir schon klar, aber EINIGE TUN ES HIER und begreifen es nicht. Ich fühle mich extrem verletzt.

Vielleicht wird man in einigen Jahren bereits im Mutterleib feststellen können, ob eine Disposition für Multiple Sklerose besteht. Und dann? Abtreiben, dem Menschen diese "Qual" an "unzumutbaren" Leben ersparen? Mensch, denkt doch einmal darüber nach was ihr rechtfertigt. Wo soll dies den bitte Enden? Blauäugige Arier?

Ein menschliches Leben ist kein Wegwerfartikel, welchen man wie vergammeltes Obst aussortiert, nur weil es zwei, drei "Dellen" hat.

Matti

Weil einige wegen ihrer Worte kotzen sollten, seht es euch an, seht es euch an...einige Statements von euch finde ich im übrigen ganz toll.

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24 Aug 2016 21:08 #16 von Chris80
Unsere ehemalig Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sagte im Rahme der PID-Debatte im Deutschen Bundestag:" Es gibt kein Recht auf ein gesundes Kind. Aber es gibt das Recht des Kindes, um seiner selbst Willen geliebt zu werden und zur Welt zu kommen.".

Dies kann ich nur bestätigen. Jedes Leben ist wertvoll. Jeder der die Auffassung vertritt, ein behindertes Kind ist eine Belastung für die Eltern, sollte mal einen Tag in einer Reha für Kinder oder einem Kinderhospiz verbringen. Ich bin mir sicher, dass der überwiegende Teil der Eltern bestätigen wird, dass das Kind eine Bereicherung und eben keine Belastung ist. Und bei dem Argument der Kosten für das Gesundheitssystem und der Gesellschaft kommt mir einfach nur noch das Kotzen. In einer solchen von Egoismus durchtriebenen Gesellschaft, möchte ich nicht Leben...

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24 Aug 2016 21:28 - 24 Aug 2016 21:32 #17 von Johannes1956
Hallo,

Jetzt muss ich mich auch doch mal zu diesem Thema äußern. Und man mag mir verzeihen, wenn meine Ausführungen etwas länger werden, denn es ist schon viel geschrieben worden, was auch vieles zum Nachdenken anregt.

Diskussion, beziehungsweise Meinungsaustausch ist ja immer zu begrüßen, gerade dann, wenn es unterschiedliche Standpunkte oder Sichtweisen gibt, worüber jeder selbst reflektieren kann. Gerade denjenigen, die sich zu einem gewissen Thema noch gar keine Gedanken gemacht haben, eröffnet sich die Möglichkeit, eine eigene Meinung zu bilden. Manchmal auch, seine vorgefasste Meinung zu überdenken und zu revidieren.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt hier nicht den Mainstream treffe, in einem stimme ich mit dem Beitrag #31009 von Elke zu, manche Themen eignen sich schlecht zum Diskutieren, da schnell verschiedene Standpunkte erreicht werden, die sich dann, wie im Verlauf der Diskussion zu beobachten ist, schnell verhärten können und von den einzelnen Standpunktvertretern radikaler vertreten werden, als ihnen selbst lieb sein mag. Ich stimme hier auch Elke zu, dass sich dieses Thema hier wenig eignet, diskutiert zu werden, wie meine lange Ausführung auch belegt, denn das Thema ist sehr komplex und zu vielschichtig, als dass man ihm mit einem schnell hingeschriebenen Post gerecht werden könnte.

Dies habe ich oftmals bei politischen Diskussionen, gerade jetzt in Österreich, erlebt. Es kommt zu einer zunehmenden Radikalisierung unterschiedlicher Standpunkte. Deshalb, und nur deshalb, betrachte ich die Aussage von Elke als gerechtfertigt. Wenn die Standpunkte dargelegt sind, soll jeder darüber nachdenken, das dauert mitunter. Schärfere Tonierungen und Wiederholungen des eigenen Standpunktes, um den anderen davon zu überzeugen, bewirken oftmals das Gegenteil.

Hier gibt es offensichtlich zwei Standpunkte. Der eine gegen Pränataldiagnostik, um damit Abtreibungen selbst definierten nicht lebenswerten Lebens nicht zu fördern.

Der andere Standpunkt, die Eigenbestimmung der Frau und die eigene Verantwortung zuzulassen.

Wie richtig gesagt wurde, ist es eine ethische Frage und diese ist von der Gesellschaft zu klären, und leider ist auch nicht alles, was die Gesellschaft geklärt hat, immer als "richtig" oder "falsch" einzustufen. Das Recht auf Abtreibung wurde ja Jahrzehnte lang heftigst kontrovers diskutiert und gesellschaftlich entschieden. Und da gibt es meiner Meinung nach keinen Unterschied, ob ein behindertes oder ein vermutlich nicht behindertes Kind abgetrieben wird. Ist eine wirtschaftliche Entscheidung, ein Kind abzutreiben ethisch besser als sich gegen ein behindertes Kind zu entscheiden? Viele von uns hätten wohl sehr zeitig ihr Lebensende gefunden, wenn wirtschaftliche Überlegungen zu unserer Abtreibung geführt hätten, auch nicht toll.

Und ich stimme Matti zu, dass die Ethik den Möglichkeiten und tatsächlich umgesetzten Möglichkeiten hinterherhinkt, trotz aller Ethikkommissionen. Das mag auch mit wirtschaftlichen Interessen, von denen unsere Gesellschaft getrieben wird, sehr eng verknüpft sein.

Anderseits, wollen wir gegen Fortschritt in der Medizin sein? Würden wir es ablehnen, wenn mittels Pränataldiagnostik ein genetischer Defekt festgestellt werden kann, der dann mittels Gentechnik repariert werden kann? Wo sagen wir schon vorher Stop? Wo hätten unsere Großväter schon vorher Stop gesagt und wir würden es heute bedauern? Oder wo hätten sie schon Stop sagen müssen und wir bedauern es, dass sie es nicht getan haben?

Man mag und soll prüfend und differenziert über Forschung und die Abhängigkeit von Industrie und Profit denken und es ist mehr als bedauerlich, wenn Menschen durch Fehlentwicklungen und menschliches Versagen dadurch Schaden erleiden oder gar zu Tode kommen.

Ich möchte jetzt nicht unbedingt Fürsprecher der Pharma oder sonstiger Industrie sein, bin ihr auch nicht nahestehend oder gar ein Teil von ihr. Ich bin in der Medizintechnik beschäftigt und auch hier birgt technischer Fortschritt, wie überall Risiken.

Man denke nur an die Entdeckung der Röntgenstrahlen und deren medizinischen, aber auch kommerziellen Einsatz auf Jahrmärkten bis hin zu Fußvermessungen mittels Fluoroskop zur Auswahl der richtigen Schuhgröße bis 1960.

Hunderte von Forschern und Patienten starben und wurden, so wird in einem Spiegelbericht geschrieben, beim Versuch, Leiden zu heilen, "regelrecht exekutiert".

www.spiegel.de/einestages/wilhelm-conrad...niere-a-1061130.html

Zweifellos steckten und stecken kommerzielle Interessen dahinter, doch möchten wir heute auf die moderne Radiologie verzichten?

Die rasante Entwicklung im Bereich der IT verstärkt die Gefahr kommerziellen Missbrauchs und die Ärzteschaft steht vor neuen Herausforderungen ihres ethischen Handelns. Dazu gibt es einen lesenswerten Artikel in der pharmazeutischen Zeitung:

www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=57492

Ja, die Gesellschaft und jeder einzelne muss wachsam bleiben, ohne den Fortschritt zu verhindern. Welches Risiko auch eine allzu kritische Haltung mit sich bringt, zeigen die zunehmenden Zahlen an radikalen Impfgegnern und das Wiederaufflammen von längst ausgestorben geglaubten Krankheiten mitten in Europa, wie Pocken oder Kinderlähmung. Auch dazu ein lesenswerter Artikel:

www.zeit.de/2014/19/oesterreich-impfen-gegner

Die Entwicklung von neuen Impfstoffen und deren Zulassung ist kostspielig und kann nur von entsprechenden Firmen mit entsprechendem kommerziellen Interesse geleistet werden. Die Verantwortung ist groß und die Macht wird zweifellos auch missbraucht. Aber deswegen alle medizinische Forschung unter Generalverdacht stellen?

Am Ende trägt auch jeder einzelne Verantwortung für sich, wie weit er sich dort missbrauchen lässt, wo es vermeidbar wäre. Ganz vermeidbar ist dies sowieso nicht und eine allzu rigorose Verweigerung hat dann oft ein noch viel größeres Gesundheitsrisiko.

Darum, und wie gesagt, verzeiht mir meine längere Ausführung, begründet sich mein persönlicher Standpunkt gegenüber Pränataldiagnostik, und es geht ja hier nicht nur um den einen (oder zwei) infrage gestellten Test(e), es gibt ja unzählige Untersuchungsverfahren die hier dazugehören, von Ultraschall bis Gentesten, offen und sehe es auch als Chance, dass sich Eltern besser darauf vorbereiten können, ein behindertes Kind zu bekommen und nicht in der Schockstarre nach der Geburt Kindesweglegung zu machen.

Wie die Akzeptanz gegenüber Behinderungen allerlei Ausprägungen in einer Gesellschaft ist, ist das ethische Problem, das an der Wurzel gepackt werden muss, dann kommt es auch bei einer Pränataldiagnostik nicht zu einer reflexartigen Entscheidung zu einer Abtreibung.

Selektion, wie es Matti beschreibt, beginnt in unserer Moralvorstellung viel früher, in den Gedanken, die eben von einer Gesellschaft und den politischen Entwicklungen gesteuert und beeinflusst wird. Und dagegen anzukämpfen und die Wertschätzung jedes Lebens zu fördern, ist dringend angesagt.

Denn da gebe ich Matti durchaus recht, die Gen und Genomanalyse ermöglicht zukünftig wahrscheinliche Erkrankungen und Gesundheitsrisiken jedes einzelnen zu ermitteln und wirtschaftliche oder gar politische Interessen könnten schnell dazu führen, selektiv einzugreifen. Ein Schreckensszenario, welches Huxleys Schöne Neue Welt von 1932 weit übertreffen würde.

Johannes
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24 Aug 2016 21:31 #18 von Waldemar69
Das ist die beste Antwort zu diesem Thema die ich seit langem gelesen habe. Habe mir das Video 2 x angesehen. Viele sprechen nur von Inklusion mit behinderten Down-Syndrom-Kinder. Nein, man muss diese Kinder „unmittelbar“ erleben. Sich ihnen widmen. Ihre Lebensfreude, ihre Liebe die sie dir geben, ihr eigenes unverwechselbares Glücklich sein. Mein Enkel war ein Frühchen. Wir haben gezittert um ihn. Wir haben gebangt. Wir hatten große Ängste. Uns auf der Kinderstation wechselweise über Wochen abgelöst. Nein, man muss das selbst erleben und durchlebt haben. „Gefühle nach Faltenlage“ sind dabei nicht durch kalkulierbar. Es gibt keine Garantien für unbeschadetes Leben. Aber zu erleben, wie solche Kinder in ihrer ganz eigenen Art gedeihen, ist das größte Glück für Eltern von behinderten Kindern. Bei aller Belastung, es bleiben ihre Kinder. Sie sollten angenommen werden wie sie sind. - Ein Recht auf ihr Leben haben.
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24 Aug 2016 22:00 #19 von Johannes1956
Hallo, nochmals!

Dass dieses Thema hier nicht in wenigen, schnell geschriebenen Postings abgehandelt werden kann, zeigen auch die seit Jahren medialen Artikel. Es ist es wert, sich damit auseinanderzusetzen, denn jeder von uns ist Teil der Gesellscahft und entscheidet mit, wohin die Reise geht.

Ich stelle hier mal drei meiner Meinung nach lesenswerte Artikel ein, für die, die Geduld haben, sich noch weiter in das Thema zu vertiefen.

www.sueddeutsche.de/gesundheit/downsyndr...szenario-1.2450555-4

www.welt.de/gesundheit/article138186630/...somie-abtreiben.html

www.zeit.de/2011/34/M-Trisomie

Johannes

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24 Aug 2016 23:06 #20 von Matti
Hallo,

ich möchte auch noch einmal auf einen bemerkenswerten Artikel hinweisen, der natürlich eher meine Ansichten vertritt. Neutral gelesen, zeigt er aber sehr realistisch die Problematik auf.

Auszug aus dem Text:

Die Entscheidung gegen ein Kind, egal ob behindert oder nicht, darf man sich nicht einfach machen. Der Praena-Test suggeriert jedoch eine scheinbare Einfachheit. Er simplifiziert das Problem und lässt Menschen glauben, auf diesem Weg an einem Kind mit Behinderung vorbeizukommen. Das ist jedoch nicht richtig. Das Kind mit Trisomie 21 haben diese Eltern nämlich schon. Sie entscheiden sich nur dafür, es – aus welchen Gründen auch immer – aus dem Weg zu räumen. Eine solche Entscheidung jedoch bleibt niemals folgenlos, auch nicht für die Gesellschaft.


Der Fett markierte Textteil ist des Pudels Kern (hinter der eigentlichen Fassade verbrigt sich etwas ganz anderes).

Der komplette Artikel findet sich hier: www.n-tv.de/wissen/Trisomie-21-ist-keine...-article9637576.html

Man wird zukünftig durchaus in der Lage sein Autismus, geistige Behinderungen aber auch eine genetische Anlage für Krebs, Parkinson oder Alzheimer vorgeburtlich zu beurteilen. Was machen wir dann?

Weil die Frage aufkommt, ob man in einem Forum wie diesem eine solche Diskussion führen sollte. Ganz klar JA! Nicht weil dies meinen Willen entspricht, sondern weil sie dem Thema und dem Ansatz dieses Forums entspricht und entspringt. Selbstredend und zwangsläufig sind Krankheit und Behinderung hier allgegenwärtig. Daraus leitet sich automatisiert eine Diskussion in diesem Bereichen ab.

Behinderung, Pflegebedarf, Krankheiten werden hier ständig diskutiert und dies ist ja auch verständlich, wenn man bedenkt das Inkontinenz nur selten eine eigene Dynamik besitzt und vielmehr eine Folge ist.

Ich bin der Meinung, dass eine gesellschaftliche Diskussion über dieses Thema hier mehr als gerechtfertigt ist, auch wenn ich mir im klaren (jetzt) darüber bin, dass diese durchaus kontrovers geführt wird.

Wir haben hier unzählige Menschen mit teilweise schwersten Behinderungen. Ein perfekter Platz, um diesen Menschen eine Stimme zu geben.

Matti

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